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Ein klares Ziel, Mentoring, Möglichkeiten zum Netzwerken: Das seien einige Kriterien für ein gutes Traineeship, sagt Manuel Kerschbaum.

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STANDARD: Traineenet vergibt jedes Jahr den sogenannten Traineenet-Award, eine Auszeichnung für die besten Traineeships. Was macht denn ein gutes Traineeship aus?

Kerschbaum: Zunächst einmal, ob es ein klares Ziel gibt: Was lernt man? Steht fest, wo man arbeiten kann, wenn man das Programm abgeschlossen hat? Hat das Programm eine Struktur? Natürlich zählt auch, ob Mentoring angeboten wird, ob es Möglichkeiten gibt zu rotieren, also das ganze Unternehmen kennenzulernen, Möglichkeiten zum Netzwerken. Auch auf den Vertrag ist zu achten: Ist darin eine All-in-Klausel verankert, oder werden Überstunden ausbezahlt? Müssen die Kosten für Schulungen zurückbezahlt werden? All diese Themen müssen im Gleichgewicht zwischen Unternehmens- und Traineeinteressen liegen.

STANDARD: Was sind die Mindeststandards beim Gehalt?

Kerschbaum: Das kommt ganz auf die Branche an. In der Finanzbranche, der Pharmabranche oder im Technologiesektor werden Trainees mehr verdienen als zum Beispiel bei anderen Branchen wie Tourismus oder Handel. Die Bandbreite der Traineegehälter reicht von unter 30.000 bis 46.000 Euro brutto Jahresgehalt. Man kann aber nicht sagen: Ab 40.000 Euro im Jahr ist es automatisch ein gutes Traineeprogramm. Dazu sind die Voraussetzungen zu verschieden. Auf Basis unserer Daten können wir die Gehälter, wenn überhaupt, nur innerhalb des Unternehmens oder einer Branche vergleichen.

STANDARD: Wie viel sollte ein Trainee im Vergleich zu einem Direkteinsteiger verdienen?

Kerschbaum: Er sollte ungefähr gleich viel verdienen. Die ganzen Benefits, die Rotationen, das intensivere Ausbildungsprogramm sollten nur Zusatzangebote zum Gehalt sein, weil Trainees ja speziell gefordert sind. Sie sind in einer Doppelrolle, sollen das ganze Unternehmen kennenlernen, aber gleichzeitig produktiv mitarbeiten. Die Ansprüche an uns sind durchaus hoch.

STANDARD: Ein wichtiges Kriterium für euch ist auch, ob es Weiterbildungen gibt. In einer Umfrage sagen die darin befragten Trainees, dass ihnen nicht ausreichend Ausbildungen offeriert werden.

Kerschbaum: Das kann ich nicht bestätigen. Wir haben den Eindruck, dass viel angeboten wird. Was aber sein kann, ist, dass die Weiterbildungen nicht besonders individuell sind. Gerade wenn es ein großer Konzern ist, der seit Jahrzehnten ein Traineeprogramm anbietet, sind vielleicht Inhalte dabei, bei denen sich die Trainees denken: Das hatte ich schon an der Uni, die Zeit würde ich gerne anders investieren. Das ist auch ein Qualitätskriterium für Traineeships: wie individuell gestaltbar ein Schulungsprogramm ist. Muss ich diese fünf fixen Kurse machen, oder kann ich mir selbst aussuchen, was ich machen möchte?

STANDARD: Die Programme unterscheiden sich auch sehr stark in der Dauer. Gibt es zu lang oder zu kurz?

Kerschbaum: Auf jeden Fall. Durchschnittlich dauern Programme 18 Monate, und das ist auch ideal, wie wir aus dem Feedback der Trainees herauslesen. Unter einem Jahr wäre zu kurz. Da hat man gar keine Zeit, um all das zu tun, was man in einem Traineeprogramm tun sollte: sich im Unternehmen einleben, in seine Funktion einleben, in den Abteilungen rotieren. Drei bis vier Rotationen von drei bis sechs Monaten Dauer wären ideal. Das geht sich in einem Jahr kaum aus. Es gibt wiederum auch Programme, die zwei Jahre oder mehr dauern. Das ist zu lange. Denn irgendwann möchte man kein Trainee mehr sein, sondern eine konkrete Position übernehmen und umsetzen.

STANDARD: Ist die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, ein Qualitätskriterium?

Kerschbaum: Nein. Es gibt gute, international ausgerichtete Traineeprogramme. Aber auch super Programme, die nur in Österreich stattfinden, wo das Unternehmen sagt: Ich brauche ihn oder sie hier. Manche haben vielleicht auch nur hier einen Markt. Aber dass es beides gibt, korrespondiert ganz gut mit den Wünschen der Trainees.

STANDARD: Circa die Hälfte der Traineeships sieht einen Auslandsaufenthalt vor. Bringt er etwas für die Karriere?

Kerschbaum: Aus persönlicher Sicht ist es sicher eine sehr gute Erfahrung, man lernt viel über sich selbst, entwickelt sich weiter. Aber ob es der Karriere etwas bringt? Das kommt ganz darauf an, wo man hinmöchte. Es gibt ehemalige Trainees, die den Auslandsaufenthalt als Sprungbrett für eine internationale Karriere genutzt haben. Andere wollen gar nicht weg. Ziel eines Traineeships muss es ja nicht unbedingt sein, CEO eines großen ATX-Unternehmens zu werden.

STANDARD: Rund jeder zweite Junge wäre bereit, für einen Job ins Ausland zu gehen, zeigt der aktuelle Austrian Millennial Report. Deckt sich das mit Ihren Beobachtungen?

Kerschbaum: Ja. Es gibt viele, die sich denken: Ich bin frisch von der Uni, frei, ich nutze die Zeit, möglichst viel von der Welt zu sehen – und das am besten über die Arbeit. Das beobachte ich auch. Aber einige wollen auch nicht weg. Sie haben hier Fuß gefasst, ihre Familie, ihre Freunde sind hier. Sie werden sich nicht für ein Traineeprogramm mit einem fixen Auslandsaufenthalt bewerben. Beides ist legitim. Die Schwierigkeit ist, glaube ich, nur das Matching: dass sich Unternehmen und Bewerber mit den gleichen Interessen finden.

STANDARD: Sie waren selbst Trainee. Waren Sie im Ausland?

Kerschbaum: In meinem Programm war es nicht verpflichtend vorgesehen. Ich wollte das auch gar nicht. Ich gehöre zu der wahrscheinlich kleineren Gruppe derer, die sagen: Ich mache gerne kürzere Dienstreisen, aber längere Aufenthalte schließe ich aus. (Lisa Breit, 17.9.2018)