Der Jupitermond Europa gilt als aussichtsreichster Kandidat bei der Suche nach Leben im Sonnensystem.
Foto: NASA/JPL-Caltech

Damit Leben, wie wir es kennen, auch jenseits unserer Erde entstehen und gedeihen kann, sind einige Schlüsselkriterien ausschlaggebend, meinen Astrobiologen: Ganz oben auf der Liste steht flüssiges Wasser, das als Lösungs- und Transportmittel für die Grundelemente, hauptsächlich organische Moleküle, benötigt wird. Eine Energiequelle ist ein weiterer wichtiger Faktor, ohne den Leben nicht auskommt. Auf der Erde liefert diese Energie in erste Linie die Sonne. Abgesehen davon nutzen autotrophe Mikroorganismen in der Tiefsee vulkanische Hotspots, indem sie etwa Schwefelwasserstoff oxidieren.

Heißer Kandidat für Leben

Der Jupitermond Europa dürfte nach bisherigen Erkenntnissen über diese Basiskomponenten verfügen und auch sonst einige günstige Eigenschaften aufweisen, weshalb er im Sonnensystem derzeit als heißester Kandidat auf der Suche nach Leben gehandelt wird. Bisherige Messungen lassen mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen, dass der zweitinnerste Mond des Gasriesen unter seinem mehrere kilometerdicken Eispanzer einen etwa 100 Kilometer tiefen Ozean aus flüssigem Wasser verbirgt.

Die Bedingungen unter dem Eis sind allerdings nicht überall gleich. Während einige Regionen eher kalt sind, zeigen andere Bereiche vergleichsweise durchaus "warme" Areale. Wo genau diese möglicherweise besonders lebensfreundlichen Zonen zu finden sind, haben nun US-Wissenschafter anhand einer neuen globalen Wärmekarte von Europa nachgewiesen – und sind dabei auch auf ein veritables Rätsel gestoßen. Spannend an den neuen Ergebnissen ist übrigens auch, wie die Forscher zu ihren Daten kamen: Die Karte mit einer räumlichen Auflösung von 200 Kilometern wurde von der Erde aus erstellt, und damit aus einer Distanz von mindestens 620 Millionen Kilometern. Das Licht benötigt für diese Strecke 35 Minuten.

Die aktuelle Wärmkarte zeigt deutlich die "Hotspots" des Jupitermondes Europa.
Foto: Samantha K. Trumbo, Michael E. Brown et al.

Hotspots durch geothermale Aktivitäten

Das sei etwa so, als würde man einen Tennisball in Bosten vom 350 Kilometer entfernt gelegenen New York City aus beobachten, meinen Samantha Trumbo und Michael Brown vom California Institute of Technology (Caltech) im "Astronomical Journal". Als Instrument diente das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (Alma), ein internationales Radioteleskop-Observatorium in den nordchilenischen Anden. Auf den mit Alma gewonnenen Aufnahmen identifizierten die Wissenschafter zahlreiche "Hotspots" auf Europa, die wahrscheinlich auf geothermale Aktivitäten tief unter der Eiskruste hindeuten und die Oberfläche in Form von Spalten und Verwerfungen mitgestalten.

Eine weitere besonders warme Region stellt der Pwyll-Krater dar. Der größte 25 Kilometer durchmessende Krater entstand vor höchstens 18 Millionen Jahren und ist damit eine von Europas jüngsten geologischen Strukturen. Die nachgewiesene Wärme dürfte noch auf den Einschlag zurückgehen.

Was es mit der ungewöhnlich kalten Region bei 90° W und 23° N auf der Nordhalbkugel des Mondes auf sich hat, ist noch unklar.
Foto: Samantha K. Trumbo, Michael E. Brown et al.

Mysteriöser Kältepol

Neben den zahlreichen Wärmepolen erspäten die Wissenschafter allerdings auch eine mysteriöse, ungewöhnlich kalte Zone in der Nordhemisphäre des Eismondes. Während sich die Areale mit höheren Temperaturen plausibel erklären lassen, steht das Team bei dem kalten Fleck noch vor einem Rätsel. Jedenfalls lassen keine bisher beobachteten physischen Merkmale auf die Ursache des Phänomens schließen. Global gesehen befindet es sich genau gegenüber des Pwyll-Kraters, doch auch dies würde die merkwürdigen thermalen Eigenschaften nicht erklären, räumt Trumbo ein: "Bislang haben wir für diesen kalten Fleck noch keine gute Deutung."

Die Wissenschafter hoffen nun, dass weitere Alma-Daten das Rätsel lösen helfen. Außerdem könnten die für die nächsten Jahre geplanten Missionen Aufklärung bringen. In den 2020er-Jahren will die Nasa die Mission Clipper zum Jupitersystem schicken. Sie soll bei der Umkreisung des Gasriesen Dutzende Male an Europa vorbeifliegen, mit hochauflösenden Kameras die Oberfläche fotografieren und so auch nach möglichen Landestellen für nachfolgende Missionen suchen. (tberg, 12.9.2018)