Austin Smith trug einiges zum überraschenden Bozener Titelgewinn bei.

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Bozen – Rechtzeitig, wenn man so will, zum Start der Erste Bank Eishockey Liga (EBEL) am Freitag sorgt ein Ex-Spieler des regierenden Champions HC Bozen für große Aufregung in der Szene. Der US-Amerikaner Austin Smith hält auf Instagram fest, dass er weniger durch eine Gehirnerschütterung, die er vergangene Saison erlitt, denn durch den Umgang des Vereins mit der Verletzung zum Rücktritt gezwungen sei. "Ich werde Eishockey jeden Tag vermissen."

Das Spieljahr 2017/18 war für den 29-jährigen Texaner "die perfekte Art und Weise aufzuhören". Smith, der in insgesamt 44 Saisonpartien auf 44 Punkte (19 Tore, 25 Assists) kam und allein im Playoff vier Tor und sechs Assists verbuchte, trug einiges zum Bozener Titelgewinn bei. Doch der Preis dafür sei hoch gewesen. Smith erklärt, er habe im letzten Abschnitt der regulären Saison und im Playoff trotz einer schweren Gehirnerschütterung gespielt, die er zuvor erlitten hatte. Und der Stürmer macht dem Verein schwere Vorwürfe.

Die Verantwortlichen hätten seine Symptome weitgehend ignoriert, er sei "angehalten worden, Tabletten zu nehmen". Als Smith im Playoff zwei Spiele versäumte, sei HCB-Klubchef Dieter Knoll "wütend" gewesen. "Er hat nicht verstanden, warum ich nicht spielen konnte." Knoll, der seit zwanzig Jahren die Geschicke des Vereins leitet und vor kurzem mit dem Südtiroler Landesverdienstkreuz geehrt wurde, war am Donnerstag für den STANDARD nicht erreichbar. Im HC-Bozen-Büro hieß es, der Verein sei dabei, zur Causa Smith "eine Aussendung vorzubereiten".

Bozen will reagieren

Christian Feichtinger, dem Geschäftsführer der Erste Bank Liga, ist der Fall seit einigen Tagen bekannt. Die Liga habe von Bozen "eine offizielle Stellungnahme angefordert", sagt er dem STANDARD. "Wir versuchen, Licht in die Sache zu bringen und eine Lösung zu finden." Feichtinger hat Verständnis dafür, dass eine Bozener Reaktion auf sich warten lässt, schließlich seien diverse juristische und medizinische Details zu berücksichtigen.

In den USA ist die Problematik schwerer Gehirnerschütterungen vor allem im American Football, aber auch im Eishockey ein viel diskutiertes Thema. Der Film "Concussion" (2015) beschreibt den Fall von Mike Webster, einem Footballer der Pittsburgh Steelers, bei dessen Obduktion 2002 die chronisch traumatische Enzephalopathie (CTE) erstmals diagnostiziert wurde. Das Leiden entsteht durch schwere Hirntraumata, es soll mittlerweile bei hundert verstorbenen Footballern nachgewiesen worden sein. Viele ehemalige und aktuelle Profis dürften damit leben, Depressionen und Demenz können die Folge sein.

Härtere Strafen

Auch im Eishockey ist ein Bewusstsein für das Thema entstanden. EBEL-Geschäftsführer Feichtinger verweist auf Maßnahmen, die gesetzt wurden und werden. So würden die verschärften Strafen (2 plus 2 Minuten) für gefährliche Fouls wie Checks gegen den Kopf oder Bandenchecks durchaus greifen. "Was die Anzahl schwerer Verletzungen betrifft, sagt Feichtinger, "rangiert unsere Liga im europäischen Vergleich am unteren Ende."

Mit den Klubs und Spielstätten hat die Liga vereinbart, dass alle Hallen bis 2021 mit "flexiblen Banden" ausgestattet werden, die das Verletzungsrisiko reduzieren. Darüber hinaus will Feichtinger "ehestmöglich" das sogenannte "Concussion-Protocol" einführen. Es würde mit sich bringen, dass unabhängige Ärzte bei allen Ligaspielen darüber entscheiden, ob angeschlagene Spieler vom Eis müssen oder weiter eingesetzt werden dürfen.

Mögliche Konsequenzen

Man kann davon ausgehen, dass Vereine einen Spieler vor seiner Verpflichtung künftig genauer untersuchen als bis jetzt – um zu verhindern, dass sich vielleicht bestehende Beeinträchtigungen erst später auswirken. Austin Smith wiederum, der zuvor unter anderem in Innsbruck, in der zweiten deutschen Liga und in Finnland spielte, wirft Bozen vor, ihn mit seinem Problem und hohen Behandlungskosten allein zu lassen. US-Cracks, die nach Europa übersiedeln wollen, rät er: "Macht eure Hausaufgaben, bevor ihr euch entscheidet, wo ihr unterschreibt." (Fritz Neumann, 13.9.2018)