Robert Krotzer entdeckte früh seine Liebe fürs dunkle Rot.

Foto: Heinz Pachernegg

Graz – Siegfried Nagl, der Grazer ÖVP-Bürgermeister, könnte locker sein Vater sein, KPÖ-Stadträtin Elke Kahr seine Mutter. Theoretisch, versteht sich. Mit seinen jetzt 31 Jahren ist Robert Krotzer jedenfalls das bisher jüngste Regierungsmitglied im Rathaus der steirischen Landeshauptstadt.

Im vergangenen Jahr wurde der ehemalige Lehrer als Gesundheitsstadtrat für die KPÖ – die zweitstärksten Partei nach der 2017er-Wahl – angelobt. Von einigen Politikbeobachtern in Graz wird er mittlerweile gar schon als "Enkel" – um im Verwandtschaftsbild zu bleiben – des bereits legendären "Engels der Mieter", Ernest Kaltenegger, KPÖ-Faktotum und Ex-Stadtrat, gehandelt.

Linksideologisch gefestigt

Krotzer sei gleich zurückhaltend, fast schüchtern, aber zielstrebig, empathisch im Umgang mit "den Menschen da draußen", aber linksideologisch ordentlich gefestigt, wie es auch Kaltenegger war. Dieser hatte die KPÖ in Graz mit seiner linkspragmatischen Politik in zweistellige Höhen geführt.

Krotzer entdeckte sehr früh seine politische Vorliebe fürs dunkle Rot. Er habe schon als 14-Jähriger Marx und Engels gelesen. "90 Prozent habe ich zwar nicht verstanden", sagt er, aber die Lektüre habe auf ihn doch eine gewisse Magie ausgeübt.

Politisierung durch Schwarz-Blau

"Es war dann für meine Eltern schon ein kleiner Schock, dass der Sohn Kommunist geworden ist", erinnert sich Krotzer. Es war ja eine fast gotteslästerliche Abweichung von der elterlichen Spur. Die Großfamilie, in der er im Innviertel aufwuchs, war stark katholisch-konservativ geprägt, die Großeltern waren Bauern, der Vater lernte sich zum Bankangestellten hoch, die Mutter arbeitet aktuell im Krankenhaus. So richtig politisiert hätten ihn die erste schwarz-blaue Regierung und die Proteste dagegen.

Da sei etwa diese Demo gegen die FPÖ gewesen. "Ich habe mir von meiner Mama ein rotes Tuch ausgeborgt und es als Fahne verwendet. Da sind dann Junge von der KPÖ gekommen und haben mich gefragt, ob ich das Tuch gegen Sticker eintauschen mag." Und schon war er da, der Kontakt zu den Kommunisten.

Noch als Schüler dockt er bei der Kommunistischen Jugend Österreichs (KJÖ) an, deren Bundesvorsitzender er von 2008 bis 2014 wird. Nach der HAK-Matura will er nach Wien zum Studium, bleibt aber nach einem Kurzbesuch bei seiner besten Freundin in Graz hängen: "Die Stadt war irgendwie Liebe auf den ersten Blick."

Als Geschenk eine Seife

Nach dem Lehramtsstudium startet Krotzer eine Kurzzeitkarriere als Professor für Deutsch und Geschichte. Seine Schüler schenken ihm, als er in die Stadtregierung wechselt, eine Seife. Damit er als Politiker "sauber bleibt". Der Grazer KPÖ-Führung war sein Engagement bei den Jungkommunisten natürlich nicht entgangen, sie holte den damals knapp 26 Jahre alten Lehrer bereits 2013 in den Gemeinderat.

Natürlich wisse er um die belastete Geschichte des Kommunismus, sagt Krotzer, er habe auch viel darüber nachgedacht, aber dennoch: "Ich glaube, er ist heute notwendiger denn je, wenn man bedenkt, wohin der schrankenlose Kapitalismus führt, der viele Errungenschaften zerstört. Wir brauchen eine Reorganisation der Arbeiterbewegung." Aber weniger mit großen Worten.

SPÖ aus Stadtregierung verdrängt

Es ergebe wenig Sinn, die Zeit in philosophischen Diskussionszirkeln zu verbringen. Politik beginne mit den Mühen der Ebene. Bei der städtischen Impfstelle, die gerade noch erhalten werden konnte, bei der "Aktion Gesundheitsamt vor Ort", um den Service der Stadt näher zu den Bürgern zu bringen, bei Suchtgipfeln oder den Pflegeproblemen in der Stadt.

Mit einer karitativen Politik der kleinen Schritte für die kleinen Leute haben Krotzer und die KPÖ auch bürgerliche Wähler auf ihre Seite gezogen – und nebenbei die SPÖ aus der Stadtregierung gedrängt. Die Weltrevolution kann da ruhig warten. (Walter Müller, 17.9.2018)