Die Wissenschaft steckt seit Jahren in einer Publikationskrise, und das gleich aus mehreren Gründen. Um nur einige der wichtigsten zu nennen: Der wissenschaftliche Zeitschriftenmarkt wird von einem Oligopol mehrerer Multis beherrscht, die seit Jahren die Bedingungen diktieren und fette Profite machen. Zudem herrscht das Diktat der Impactfaktoren: Nicht die Bedeutung des Artikels selbst zählt, sondern die der Zeitschrift, in der er erscheint.

Schließlich wird zu viel Unbedeutendes publiziert, wie jüngst die renommierte österreichische Wissenschaftsforscherin Helga Nowotny in einem lesenswerten Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" monierte: Statt der Salamitaktik, scheibchenweise neue Studienergebnisse zu publizieren, sollten in den Artikeln "Substanzielleres" stehen. So sollte sich das Publikationsaufkommen im Idealfall um die Hälfte reduzieren lassen.

Mindestens 72 Artikel pro Jahr

Diese Idee wird jenen Forschern wenig gefallen, die sich allem Anschein nach einen Sport daraus machten, möglichst viel zu veröffentlichen. Die Mengen, die diese hyperproduktiven WIssenschafter ausstoßen (bzw. bei Publikationen als Ko-Autoren geführt werden) ist einigermaßen erstaunlich, wie ein Team um John Ioannidis (Stanford University) herausfand. Der US-griechische Gesundheitswissenschaftler ist selbst nicht ganz unproduktiv und einer der Protagonisten der sogenannten Meta-Forschung, die sich um die Verbesserung evidenzbasierter Methoden in der Wissenschaft bemüht.

Laut diesen Analysen, die auf Basis der zu Elsevier gehörenden Datenbank Scopus gemacht wurden und als Kommentar im Fachblatt "Nature" erschienen, gibt es mehr als 8.000 Forscher weltweit, die in einem Kalenderjahr zwischen 2000 und 2016 mehr als 72 Artikel veröffentlicht haben. Zieht man die 7.888 Physiker ab, die zu großen internationalen Teams gehören und so auf diese Zahlen kommen, bleiben immer noch 265 Wissenschafter, die in 365 Tagen alle fünf Tage (oder noch schneller) einen neuen Artikel produzierten.

2.566 Veröffentlichungen seit 1976

Der produktivste Forscher schaffte das in den 17 Jahren gleich zwölf Mal. Es handelt sich um den japanischen Materialwissenschafter Akihisa Inoue. Der frühere Rektor der Universität Tōhoku brachte es seit 1976 auf nicht weniger als 2.566 Artikel. Macht Daumen mal Pi im Schnitt 62 Publikationen pro Jahr.

Die drei Studienautoren betonen, dass diese extremen Publikationszahlen nicht notwendigerweise bedeuten müssen, dass sich die Forscher unangemessen verhalten haben. Eine Umfrage unter allen 265 hyperproduktiven Forscher (81 antworteten) zeigte einige Gemeinsamkeiten wie effiziente Teamführung, interdisziplinäres Arbeiten, gute Zusammenarbeit, Großzügigkeit und "nur ein paar Stunden Schlaf pro Tag".

Dass sich am Publikationsausstoß global etwas in Richtung mehr Qualität statt mehr Quantität verändern könnte, darf bezweifelt werden. Zwischen 2002 und 2014 nahm die Zahl der hyperproduktiven Autoren um das 20-Fache zu. Im gleichen Zeitraum vergrößerte sich die Zahl der publizierenden Wissenschafter insgesamt um das 2,5-Fache. (tasch, 16.9.2018)