Im März war Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher in Wien (Bild re.). Nun erfolgt die Gegenvisite von Kanzler Sebastian Kurz.

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Der Auftritt von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in Bozen am Freitagabend zum Landtagswahlauftakt der Südtiroler Volkspartei (SVP) sorgte bereits im Vorfeld für Polemiken. Die Forza-Italia-Abgeordnete Michaela Biancofiore kritisierte den Besuch als "inopportun und skandalös" und forderte gar eine Intervention der Regierung in Rom: "Dass ein Bundeskanzler im Ausland in einen Wahlkampf eingreift, das hat es nur bei Castro und Chávez gegeben." Die Rechtspartei Fratelli d’Italia rief gar zu einer Kundgebung in Bozen auf, die erfolglos verlief.

Der Auftritt des Bundeskanzlers dementierte Befürchtungen italienischer Parteien, er würde tatsächlich im Wahlkampf mitmischen. Kurz und sein Südtiroler Gastgeber, Landeshauptmann Arno Kompatscher, trafen sich zur SVP-Kundgebung in einem Stahlbetrieb in der Bozner Industriezone. Ein Auftritt nicht ohne politische Anomalien: Denn Kurz regiert in Wien genau mit jener politischen Rechten, die in Bozen erbitterter Gegner der SVP ist.

Doch Gegensätze wie der umstrittene Doppelpass waren auf der Kundgebung in Bozen kein Thema, auf der die SVP ein beeindruckendes Bild der Geschlossenheit und Stärke bot und der Bundeskanzler, Landeshauptmann Kompatscher und Parteichef Achammer von über 1000 Sympathisanten mit Ovationen bedacht wurden. Kurz erklärte am Rande, er habe die Absicht, das Problem der Doppelstaatsbürgerschaft einvernehmlich mit Italien zu lösen.

Die Freiheitlichen hingegen sehen den Doppelpass als "historische Chance": "Wir haben dieses Anliegen stets aktiv mitgetragen und unterstützt." Die rechte Südtiroler Freiheit fordert einen entsprechenden Beschluss des Landtags in Bozen. Dagegen warnen die Grünen eindringlich vor einem solchen Schritt: "Die doppelte Staatsbürgerschaft für deutsch- und ladinischsprachige Südtiroler schafft nichts als Probleme!"

Durnwalder schießt quer

Dass Kompatschers Vorgänger Luis Durnwalder in der Tageszeitung Die Presse die doppelte Staatsbürgerschaft als "großherzige Geste der Verbundenheit Österreichs mit Südtirol" begrüßte, machte dessen Lage noch verzwickter. Der aktuelle Landeshauptmann bekräftigt also seine Position: Die doppelte Staatsbürgerschaft dürfe "keine Sprachgruppe benachteiligen und kein trennendes Element sein". Eines steht mit Sicherheit fest: zum Thema wird es vor der Wahl keine Entscheidung geben. (Gerhard Mumelter, 14.9.2018)