Jubeln verlernt man nicht: Lleyton Hewitt und John Peers sind am Ziel.

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Jürgen Melzer Ball und Mitspieler im Visier.

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Absprachen gehören zum Doppel-Spiel dazu.

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John Peers beim Aufschlag.

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Manche, vielleicht sogar viele, Menschen haben Probleme Entscheidungen zu treffen. So richtig blöd ist das, wenn man den ganzen Tag gearbeitet hat, oder am Vorabend zu lange feiern war. Der Vortag, also der erste Tag im Daviscup-Duell mit Australien, gab für Österreichs beste Tennisspieler allen Grund zu feiern. Eine 2:0-Führung kann man komfortabel nennen. Dennis Novak und Dominic Thiem erledigten ihre Einzel mit Bravour, Australien sah sich vor dem Doppel in der Bredouille. Am Ende des zweiten Tages jubelten aber eben die Australier. Das Doppel brachte einen 3:1-Sieg für die Gäste, Lleyton Hewitt und John Peers stellten im Vergleich auf 1:2.

Hewitt stellt sich auf

Australiens Kapitän Hewitt dürfte nicht entscheidungsmüde sein. Schon im Vorhinein wurde vermutet, ja fast erwartet, dass sich die ehemalige Nummer eins der Weltrangliste selbst im Doppel aufstellen würde. Und so kam es dann auch. Hewitt, der gut und gerne als Legende im Herrentennis gilt, drehte sein Kapperl nach hinten und schwang seine 37 Jahre auf den Platz. Mitspieler John Peers (30) war da quasi das Küken auf dem Center-Court, auf der österreichischen Gegenseite spielten bei Oliver Marach (38) und Jürgen Melzer (37) auch viel Erfahrung mit.

Graz präsentierte sich schon vor dem Spiel von einer guten Seite. Die Regenschauer des Vorabends hatten keine Spuren hinterlassen, die Tribünen waren gut gefüllt, aber nicht ausverkauft. Die steirische Tennisikone Thomas Muster holte sich wieder einmal Applaus für sein Lebenswerk und dazu noch einen kleinen Pokal, den "Commitment Award" vom internationalen Tennisverbandes (ITF) ab. Der ehemalige French-Open-Sieger war im Stress, Selfies mit ihm sind noch immer ziemlich begehrt.

Zwei Punkte und dann lange nichts

Beim Tennisdoppel gilt es – noch mehr als im Einzel – Entscheidungen zu treffen. Wenn geht, die richtigen. Die Ballwechsel sind deutlich kürzer, jeder Schlag, der nicht sitzt, wird abvolliert oder schnell gegen einen selbst verwendet. Das ÖTV-Doppel startete vermeintlich gut in das Match, beim Service der Australier holte man sich die ersten beiden Punkte. Dabei sollte es aber für einige Zeit bleiben. Die Australier schwangen sich mit einem Feuerwerk in die Partie, Peers knallte Aufschlagraketen über das Netz und Hewitt ließ seine ganze Routine und Können ausspielen. Der Australier spielte eine fast fehlerfreie Partie. Österreich hatte wenig entgegenzusetzen, der erste Satz ging in aller Deutlichkeit mit 6:1 an die Gäste.

Marach, immerhin amtierender Australian-Open-Champion und Dritter der Doppelweltrangliste, musste sich nach dem ersten Satz behandeln lassen. Es zwickte in der Leiste. Auch der zweite Satz ging mit 6:4 an Australien, es sah, und das war eher überraschend, nach einer einseitigen Partie aus. Marach und Melzer aber gaben sich nicht auf, stellten beim Return um und schafften im dritten Satz ein frühes Break. Das Highlight war ein zwanzigminütiges Marathon-Spiel zum 4:1, schlussendlich ging der dritte Satz mit 6:3 an Marach/Melzer.

Auf Augenhöhe

Österreichs Doppel konsolidierte sich, beide Paarungen pendelten sich auf Augenhöhe ein. Heikle Situationen wurden weggesteckt, beide spielten im Gleichschritt . Bis zum 6:5, Melzer servierte, und plötzlich stand es 15:40: die ersten beiden Breakbälle im vierten Satz. Die erste Chance ließen die Australier noch aus, den zweiten Matchball verwerteten sie aber.

Melzer und Marach waren nach dem Spiel enttäuscht. Der Steirer Marach zeigte sich selbstkritisch: "Ich war von Beginn an nervös, meine Vorhand hat überhaupt nicht gezogen. Insgesamt war ich von meinem Tennis enttäuscht." Und Melzer meinte: "Peers hat wirklich gut serviert, bei Lleyton haben wir in den Ballwechseln zu wenig Druck ausgeübt, um die wirklich in Bedrängnis zu bringen."

Damit wurde die Entscheidung vertagt: Dominic Thiem könnte am Sonntag (ab 11.00 Uhr/live ORF Sport +) im ersten Einzel den Aufstieg Österreichs in die Weltgruppe fixieren. Australien wird doch mit Alex de Minaur und nicht mit dem angeschlagenen John Millman ins dritte Einzel gegen Österreichs Nummer eins gehen. "Dominic muss sich gut vorbereiten. Wenn er so spielt wie am ersten Tag, dann kann kommen, wer will", meinte dazu ÖTV-Kapitän Stefan Koubek. (Andreas Hagenauer, 16.9.2018)