Man sollte die Kirche im Dorf lassen, nicht übertreiben und auch bei Kritik Verhältnismäßigkeit wahren. Andernfalls entwertet man die Kritik als Alarmismus und permanente Aufgeregtheit. Und am Ende hört keiner mehr hin.

Daher: Der Integrationsbericht aus dem Ressort von Karin Kneissl (FPÖ) hat auch positive Seiten. Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, bei dem Thema verstärkt auf Frauen zu setzen. Es macht Sinn, sie auszubilden und beim Verwurzeln in diesem für sie neuen Land zu begleiten.

Weil es meist die Frauen sind, die den Alltag organisieren und den Tagesablauf ihrer Familie takten. Aus diesem Blickwinkel heraus kann man auch über verpflichtende Kursbesuche nachdenken. So kann man vielleicht verhindern, dass manche Frauen in familiärer Isolation landen und für die Gesellschaft verloren sind, wie die Expertin Gudrun Biffl bei der Präsentation des Berichts warnte.

Frauen- und Männerbilder

Natürlich darf es dabei nicht nur um "Frauengesundheit und ihre Rolle in der Familie gehen" (ein Frauenleben besteht aus wesentlich mehr) – aber immerhin, es ist ein Anfang. Wie man dann mit Verstößen umgeht, ob man, wie es die Regierung allzu gerne tut, gleich einmal Geldmittel streicht – oder ob man in (die sicherlich mühsamere) Überzeugungsarbeit investiert, steht noch einmal auf einem anderen Blatt geschrieben.

Was aber alle positiven Ansätze in diesem Bericht gleich wieder ruiniert, ist die entlarvende Aussage, mit der die zuständige Ministerin Kneissl ihre Präsentation garnierte: "Es liegt im Einflussbereich von Frauen, wie sich die kleinen Paschas und Machos aus welchem Kulturkreis auch immer entwickeln." Das hat sie tatsächlich gesagt. Man muss sich ernsthaft fragen, ob der Ministerin klar war, welches Frauen- und Männerbild, welche Ansichten zu Gleichberechtigung überhaupt sie da zum Besten gibt.

Die Frauen sind demnach schuld, wenn aus Buben Machos und Paschas werden. Es liegt an den Frauen – und nur an ihnen -, dies zu verhindern. Wenn ihnen das nicht gelingt, dürfen sich nicht über die Folgen wundern.

Ein Frauenproblem

Daher ist es nur folgerichtig, dass Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) Projekten, die Frauen in Notlagen unterstützen, die Mittel gekürzt oder gar gestrichten hat; da ist es nur logisch, dass eine FPÖ-Politikerin auch den Frauenhäusern an den Kragen will. Frauen sollen gefälligst selbst dafür sorgen, dass sie nicht unter den Männern in ihren Familien leiden. Das Problem mit dem Patriarchat ist ergo ein alleiniges Problem der Frauen.

So stellt sich derzeit, nach knapp neun Monaten türkis-blauer Koalition, das Frauenbild dieser Regierung dar. Dazu passt Kneissls Aussage wie die Faust aufs Auge.

Dazu passt auch, dass Bogner-Strauß Krisenpflegemüttern per Erlass einfach das Kinderbetreuungsgeld gestrichen hat – mit der fadenscheinigen Berufung auf zwei OGH-Urteile. Statt anzuerkennen, was diese "Notfamilien" für Kinder, zumeist Säuglinge aus desaströsen Verhältnissen, leisten, und die finanzielle Absicherung dieser Krisenmütter zu verbessern.

Wie kann man das alles erklären? Ist es Ahnungslosigkeit, Gedankenlosigkeit, steht ein Plan dahinter, die Rolle der Frauen in Österreichs Gesellschaft "neu" zu definieren?

In jedem Fall ist es herzlos, es zeugt von Arroganz und Abgehobenheit. Und es wird nicht funktionieren. Wir schreiben nämlich das Jahr 2018. (Petra Stuiber, 16.9.2018)