Hand in Hand gegen das EU-Parlament: Heinz-Christian Strache und Viktor Orbán.

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Brüssel/Wien – Die Haltung zu Ungarn sorgt erneut für Widersprüche in Österreichs Regierung. Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat am Wochenende das Außenministerium aufgefordert, vom juristischen Dienst des EU-Rates prüfen zu lassen, ob die Abstimmung des EU-Parlaments für ein Strafverfahren gegen Ungarn in der vergangenen Woche rechtmäßig war oder nicht. Ein Sprecher des auf Ticket der FPÖ von Karin Kneissl geführten Außenamts bestätigte, dass man eine solche Prüfung beantragt habe.

In der Haltung zum rechtsnationalistischen ungarischen Premier Viktor Orbán sind sich die beiden Koalitionsparteien nicht einig. Die ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament hatten bei der Abstimmung am vergangenen Mittwoch geschlossen für ein Strafverfahren wegen der Verletzung von EU-Grundwerten gestimmt. Jene der FPÖ hatten dagegen votiert.

Für den Beschluss war im EU-Parlament eine Zweidrittelmehrheit nötig, die nach Sicht des Parlaments erreicht wurde: 448 Abgeordnete stimmten für das Verfahren, 197 dagegen. Das wären 69,5 zu 30,5 Prozent. Ungarn hatte gegen diese Interpretation rechtliche Schritte eingeleitet.

Strittige Mehrheit

Nach Ansicht Budapests müssen für die Erreichung der Zweidrittelmehrheit nämlich auch jene 48 Abgeordneten eingerechnet werden, die sich bei der Abstimmung enthalten hatten. Zählt man diese mit, hätten nur insgesamt 65 Prozent für das Verfahren gestimmt, knapp weniger als zwei Drittel. Vizekanzler Strache sagte am Wochenende in einer Aussendung, er habe "großes Verständnis für die ungarische Argumentation". Aus diesem Grund habe er auch die Prüfung angeregt.

Von der ÖVP gab es darauf am Sonntag zunächst keine Reaktion. Bundeskanzler Sebastian Kurz hatte zuvor in einem Interview mit der Kleinen Zeitung erklärt, der Ball liege bei der EU-Kommission. Diese müsse mit Ungarn reden. "Es gibt weder einen Beweis noch eine Verurteilung. Ich bin nicht der Richter." Orbáns Fidesz-Partei ist formell, so wie die ÖVP, Teil der Europäischen Volkspartei EVP. Allerdings stand zuletzt der Ausschluss der Partei aus der EVP im Raum. Orbán selbst sagte am Freitag, er sehe die Wahrscheinlichkeit dafür bei 50 Prozent.

SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried teilte mit, die Prüfung sei für Wien "blamabel". (mesc, 17.9.2018)