Neue Roboter können bei der Kindererziehung helfen. Trotzdem sind Jobs mit persönlichem Touch am besten vor Automatisierung gefeit.

APA / AFP / Greg Baker

Jede Revolution kennt Gewinner und Verlierer. Erfolge werden danach bemessen, wie das Größenverhältnis zwischen den beiden Gruppen aussieht. Die vergangenen drei industriellen Revolutionen, basierend auf Dampf, Strom und digitaler Elektronik, haben die globale Arbeitswelt zwar umgekrempelt, aber jede dieser Umwälzungen trug zu massiven Steigerungen der Produktivität, des Wohlstands und einer Vielzahl neuer Arbeitsplätze bei. Arbeitslose Kutscher, Kerzenmacher und Computer – das war einmal ein Beruf – wurden durch Lokführer, Fabrikarbeiter und Programmierer mehr als kompensiert.

Heute steht die Welt vor der vierten industriellen Revolution, getrieben durch künstliche Intelligenz, Big Data und Automatisierung. Zahlreiche Studien versuchen zu berechnen, wie viele Jobs schon heute von Algorithmen und Robotern übernommen werden und wie schnell dies passiert. Allerdings ist es schwieriger abzuschätzen, welche neuen Aufgaben in Zukunft entstehen, als zu erkennen, dass eine monotone Eingabe in ein Excel-Sheet künftig nicht mehr tagesfüllend sein wird.

In einer neuen, großangelegten Untersuchung befragte das World Economic Forum (WEF) weltweit Führungskräfte von insgesamt 15 Millionen Arbeitnehmern über "die Zukunft von Jobs". Der gleichnamige Bericht, der dem STANDARD vorab vorliegt, kommt zu einem positiven Schluss: In den kommenden vier Jahren sollen durch die Technologien der vierten industriellen Revolution 133 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen. Die Kehrseite: 75 Millionen Jobs werden von Maschinen ersetzt.

Lernen oder Leiden

Wer sind diesmal die Gewinner und Verlierer? Und wie lassen sich negative Folgen lindern? Um die Auswirkungen von Automatisierung einzuschätzen, betrachten Forscher meist nicht Berufe, sondern einzelne Arbeitsschritte. Heute werden mehr als zwei Drittel aller Aufgaben in Firmen von Menschen erledigt. Doch binnen sechs Jahren werden Maschinen mehr als die Hälfte aller Tätigkeiten übernommen haben, lautet die Prognose.

Damit die Rechnung aufgehen kann, dass gleichzeitig mehr Menschen Arbeit haben und mehr Aufgaben digitalisiert werden, müssen Maschinen neuartige und zusätzliche Aufgaben übernehmen. Arbeitnehmer widmen sich im Idealfall vorwiegend den interessanteren und weniger repetitiven Aspekten ihres Jobs. Das bedeutet auch, dass Jobs in der Dateneingabe, Buchhaltung oder Lohnabrechnung verlorengehen.

Der Bericht des WEF zeigt, dass mehr als die Hälfte der Angestellten von Großunternehmen erhebliche Um- oder Weiterschulungen benötigt. Aber nur ein Drittel der befragten Firmen gab an, solche Schulungen für Nichtschlüsselpositionen anbieten zu wollen.

Neue Menschen oder Maschinen

Zwei Alternativen schweben den Führungskräften laut Befragung vor: Entweder sie stellen neue Leute ein, die über passende Qualifikationen verfügen, oder sie automatisieren die Stelle komplett. Je nach Branche unterscheidet sich der Ansatz. Transportfirmen erwarten, dass sie künftig keine Fahrer mehr brauchen. Das Management im Pharma- und Gesundheitswesen hingegen plant am häufigsten, ihre bestehende Belegschaft für die digitale Welt vorzubereiten.

Ein Trend gehe auch Richtung Teilzeitstellen, externe sowie temporäre Mitarbeiter, damit spezialisierte Aufgabenfelder flexibler verteilt werden können. Dass in einer Region vor Ort qualifizierte Leute leben, sei für die Standortwahl wichtiger als die Lohnkosten. Für Arbeitsmärkte, die bisher unter Billiglohnkonkurrenz gelitten haben, birgt das Chancen.

Auf menschliche Vorzüge setzen

Einige Empfehlungen des WEF klingen wie Mantras, etwa die Notwendigkeit von Investitionen in Bildungspolitik. Unternehmen sollten in Umschulungen investieren.

Auch eine Anpassung der sozialen Sicherheitsnetze empfiehlt das WEF. Ein bedingungsloses Grundeinkommen sei nicht realistisch, heißt es im Bericht. Aber ein universeller Topf für Fortbildung wäre eine gesellschaftliche Option, die Auswirkungen von Automatisierung abzufedern. Denn Lebenslanges Lernen werde zur Norm.

Neben hohen technischen Qualifikationen werden auch "nichtkognitiven Softskills" relevanter. Übersetzt: Kommunikation, Menschenkenntnis und Empathie. Insofern wird der Mensch also auch künftig dem Roboter gegenüber die Nase vorn haben. (Leopold Stefan, 17.9.2018)