Das Bundesverwaltungsgericht – hier hätte Hubert Keyl Asylentscheidungen treffen sollen.

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Wien – Hubert Keyl wird nicht Bundesverwaltungsrichter. Nach tagelanger Kritik an dem von der Bundesregierung designierten Freiheitlichen zieht dieser nun seine Bewerbung zurück. Er handle zum Schutz seiner Familie, erklärte er am Montag. Grund sei die für ihn "vorher unvorstellbare mediale Hetzjagd", die er seinem Umfeld nicht mehr zumuten wolle. Der ehemalige Mitarbeiter des FPÖ-Politikers Martin Graf war wegen seiner Verbindungen in die stramm rechte Szene medial und politisch unter Beschuss geraten.

Am Bundesverwaltungsgericht ist Keyl bereits jetzt tätig. Die bisherigen Bewerbungsstationen, um dort nun auch Richter zu werden, hatte er erfolgreich durchlaufen. Am Mittwoch erteilte die türkis-blaue Regierung per Ministerratsbeschluss ihre Zustimmung. Auch der zuständige Personalsenat hatte seine Bestellung geprüft.

Keyl distanziert sich von Leserbrief

Anlass für zahlreiche Appelle an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die Beförderung Keyls noch zu verhindern, waren unter anderem Aussagen, die er in dem rechten Magazin "Zur Zeit" veröffentlichte, wie DER STANDARD berichtete. Dort sprach sich Keyl gegen die Seligsprechung von Franz Jägerstätter aus, der den Wehrdienst unter den Nazis verweigert hatte und dafür hingerichtet wurde. In dem Leserbrief hatte Keyl geschrieben: Wer den Dienst in der Wehrmacht verweigert habe, sei "ein Verräter, und Verräter soll man verurteilen und nicht seligsprechen".

Nun distanziert er sich von diesem zehn Jahre alten Schreiben: Nicht nur die Rechtslage habe sich geändert, sondern auch seine persönliche Ansicht, erklärte er am Montag. "Ich würde diesen Artikel heute nicht mehr so veröffentlichen."

Prügelaffäre und Küssel

Der Protest gegen Keyls Besetzung als Bundesverwaltungsrichter war vielstimmig. Nicht nur die Opposition hatte ihre Empörung geäußert, zuletzt wurden selbst aus der ÖVP Bedenken laut. Lediglich die FPÖ war ihm zur Seite gesprungen. Besonders brisant machte die Causa, dass Keyl am Bundesverwaltungsgericht über Asylberufungen entschieden hätte.

Schon bevor der Leserbrief zur Seligsprechung Jägerstätters publik wurde, waren andere Episoden aus dem Leben Keyls bekannt gewesen, die seinen guten Draht in die rechte Szene offenbarten: Im Jahr 2010 soll er beispielsweise in eine Prügelaffäre involviert gewesen sein, bei der schließlich der Neonazi Gottfried Küssel zu seinen Gunsten in Erscheinung trat. Keyl selbst streitet ab, "irgendeine gemeinsame politische Vergangenheit" mit Küssel zu haben.

Namen der Kinder angeblich veröffentlicht

Die Freiheitlichen sprachen bereits am Wochenende von einer "haltlosen Hetzjagd". FPÖ- Generalsekretär Christian Hafenecker erklärte, dass Diskriminierung aufgrund der persönlichen Gesinnung unzulässig sei. Auch Keyl selbst will sich nur aufgrund des medialen Drucks zurückgezogen haben: "Als in Onlineforen die Namen und Arbeitsstellen meiner Töchter veröffentlicht wurden, war jede Grenze überschritten. Ich nehme meine Verantwortung gegenüber meiner Familie wahr", ließ er wissen.

FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache bezeichnete Keyl daraufhin als "Opfer einer politischen und medialen Hexenjagd". Dabei kam Keyl mit seinem Rückzieher offenbar der Ablehnung durch den Bundespräsidenten zuvor: Nach APA-Informationen hatte Van der Bellen am Wochenende höchsten Regierungskreisen klargemacht, dass er einer Bestellung nicht zustimmen wird. Er hätte die Personalie absegnen müssen.

Nachträgliches Lob des Gerichts für Keyl

Das Präsidium des Bundesverwaltungsgerichts verteidigte Keyls Nominierung am Montag im Nachhinein. In einer Aussendung war von dessen fachlich fundierter und positiver Arbeitsleistung die Rede, von der man sich täglich habe überzeugen können. Sein Verzicht auf das Amt des Richters sei zu respektieren.

Betont wird in der Aussendung, dass sich der Personalsenat bei der Nominierung der Richterkandidaten sowohl an den persönlichen Fähigkeiten als auch an den beruflichen Laufbahnen und Erfahrungen der Richter orientiere. Auf dieser Grundlage werde dann ein Vorschlag an den Justizminister übermittelt. (Katharina Mittelstaedt, 17.9.2018)