Bild nicht mehr verfügbar.

Ein Bild aus besseren Tagen. Mittlerweile hält die deutsche Kanzlerin Hans-Georg Maaßen angeblich für untragbar.

Foto: dpa / Oliver Berg

Synchrone Schmallippigkeit. So lässt sich die Darbietung zweier Frauen am Montag in Berlin im Rahmen der Regierungspressekonferenz beschreiben. "Die Meldung kommentiere ich nicht", sagt Martina Fietz, die stellvertretende Sprecherin der deutschen Bundesregierung. Ähnliches ist von Eleonore Petermann, Sprecherin von Innenminister Horst Seehofer (CSU), zu vernehmen: "Das sind alles Spekulationen."

Und so bleibt eine Story der Welt, die schon am Vormittag für Aufregung gesorgt hat, von Regierungsseite in der Luft hängen. Die Zeitung hatte berichtet, dass Kanzlerin Angela Merkel den Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, loswerden wolle, da sie der Meinung sei, er sei nach den Vorfällen von Chemnitz nicht mehr tragbar.

Laut Welt hat Merkel führenden Koalitionspolitikern am Wochenende in Telefonaten erklärt, dass sie Maaßens Ablösung erreichen wolle. Er sei für sie nicht mehr tragbar, weil er sich in die Tagespolitik eingemischt habe. Maaßen ist seit längerer Zeit unter Druck, da er in der Bild -Zeitung Skepsis darüber geäußert hatte, dass es in Chemnitz tatsächlich "Hetzjagden" gegen Flüchtlinge gab. Er erklärte, die entsprechende Videosequenz könne eine "gezielte Falschinformationen" sein, "um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken".

Zudem ist Maaßen wegen seiner Kontakte zur AfD in der Kritik. Er soll nach Informationen des ARD-Magazins Kontraste der AfD-Bundestagsfraktion Informationen aus dem Verfassungsschutzbericht 2017 bereits Wochen vor dessen Veröffentlichung zur Verfügung gestellt haben. Das erklärt der AfD-Innenpolitiker Stephan Brandner in dem Bericht, später allerdings dementierte er.

Bild am Sonntag schreibt zudem, das Bundesamt für Verfassungsschutz soll Hinweise zu rechtsextremen AfD-Strukturen in mehreren Bundesländern monatelang liegen gelassen haben.

Die SPD hat sich schon vor Tagen auf Maaßen eingeschossen, am Wochenende kam von Parteichefin Andrea Nahles noch einmal eine unmissverständliche Botschaft: "Herr Maaßen muss gehen, und ich sage euch, er wird gehen", sagte sie beim Wahlauftakt der hessischen SPD.

Entsprechend erfreut reagierte am Montag SPD-Vizechef Ralf Stegner auf den Bericht der Welt: "Dass Herr Maaßen in seinem Amt untragbar ist, weil er das Vertrauen in Sicherheitsbehörden unserer freiheitlichen Demokratie schwer beschädigt hat, hat die SPD klar gesagt. Gut, wenn Frau Merkel diese Haltung teilt."

Allerdings twitterte Stegner auch, man möge noch das Gespräch der Parteichefs abwarten. Merkel, Nahles und Seehofer treffen sich heute, Dienstag, um über Maaßens Zukunft zu sprechen.

Seehofer bekundet Treue

Merkel will Maaßen offenbar auch gegen den Willen Seehofers loswerden. Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist ihm unterstellt, Seehofer hat Maaßen den Rücken gestärkt. Der Verfassungsschützer soll sich der Unterstützung des Innenministers und CSU-Chefs sehr sicher sein und zu Abgeordneten gemeint haben: "Horst Seehofer hat mir gesagt, wenn ich falle, dann fällt er auch."

Am Montag wollte Seehofer am Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik in Frankfurt eine Rede halten und auch an einer Pressekonferenz teilnehmen. Den Termin sagte er aber ab.

Linken-Innen-Expertin Petra Pau kritisiert, Maaßen habe mit seiner Aussage zum Video aus Chemnitz bewusst einen falschen Eindruck der Lage erwecken wollen. Denn im Innenausschuss des Bundestages, der sich mit der Angelegenheit befasste, hätten Mitarbeiter des Verfassungsschutzes "präzise vorgetragen, dass nicht nur rechtspopulistische, sondern rechtsterroristische Kräfte" in Chemnitz auf der Straße waren.

Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich in die Debatte eingeschaltet und erklärt: "Ich kann nur meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass dort, wo Entscheidungen gefällt werden müssen, sie bald fallen." Es werde in Europa "mit Schärfe" auf die innenpolitische Lage Deutschlands geschaut. (Birgit Baumann aus Berlin, 17.9.2018)