Testweise sind derzeit auf zwei Streckenabschnitten der Westautobahn 140 km/h erlaubt.

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Geschwindigkeitsbegrenzungen sind keine Erfindung des automobilen Zeitalters. Schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es Tempolimits für Pferdegespanne, die Schritt- oder Trabgeschwindigkeit fahren durften. Aus England ist ab 1850 überliefert, dass Dampfwagen innerorts nicht schneller als zwei Meilen pro Stunde (3,2 km/h) fahren und über Land mit vier mph (6,4 km/h) rasen durften.

In den meisten Ländern Europas hat sich heutzutage auf Autobahnen für Pkws die höchstzulässige Geschwindigkeit bei 130 km/h eingependelt, in manchen Ländern liegt das Limit sogar weit drunter. Nur in Deutschland, Polen und auf neuen Autobahnen in Bulgarien darf man laut ÖAMTC schneller düsen – und bald vielleicht auch in weiten Teilen Österreichs, wenn es nach Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) geht. Denn er will Tempo 140, das derzeit auf zwei Teststrecken in Nieder- und Oberösterreich erlaubt ist, für rund zwei Drittel des heimischen Autobahnnetzes freigeben.

Außer blauen Parteikollegen Hofers fand das bis Montag allerdings niemand wirklich erstrebenswert. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) warnte davor, dass die Anhebung des Tempolimits im Widerspruch zu Österreichs Klimastrategie stehe. "Tempo 140 statt 130 erhöht den Spritverbrauch und führt zu mehr CO2-Emissionen", erläuterte Ulla Rasmussen vom VCÖ.

16 Prozent mehr Stickoxide

Laut Umweltbundesamt sei bei einer Geschwindigkeit von 140 km/h der CO2-Ausstoß um rund zehn Prozent höher als bei 130 km/h, kritisierte der VCÖ. Zudem würden um rund 16 Prozent mehr gesundheitsschädliche Stickoxide ausgestoßen. "Österreich braucht aber genau das Gegenteil, um die von der Bundesregierung beschlossenen Klimaziele zu erreichen", sagte Rasmussen.

Eine weitere Folge des schnelleren Tempos sei ein erhöhter Spritverbrauch. "Wer schneller fährt, muss häufiger tanken", so Rasmussen. Ein Auto, das bei 130 km/h sieben Liter pro 100 Kilometer verbraucht, komme mit 50 Liter Treibstoff rund 715 Kilometer weit, mit 140 km/h wären die 50 Liter bereits nach 645 Kilometern aufgebraucht, rechnete der VCÖ. Auch bei Elektroautos sinke bei höheren Geschwindigkeiten die Reichweite.

Diese Vorlage ließ sich die politische Opposition nicht entgehen: SPÖ-Umweltsprecher Klaus Feichtinger appellierte an Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), "endlich im Sinne der österreichischen Klimaziele" zu handeln. "Eine verantwortungsvolle Umweltministerin, die ihren Job ernst nimmt, würde sich klar gegen Tempo 140 stellen", so Feichtinger.

Erhöhtes Sicherheitsrisiko

Auch die Verkehrssprecherin der Liste Pilz, Stephanie Cox, ließ Fakten sprechen: "Der Anhalteweg bei 140 km/h verlängert sich im Vergleich zu den bisher gestatteten 130 km/h um 14 Meter." Dies stelle ein erhöhtes Risiko für die Verkehrssicherheit dar. Außerdem erinnerte sie an die je nach Bundesland unterschiedlichen Toleranzgrenzen bei Radarmessungen, die dazu führen, dass etwa in Oberösterreich Raser erst ab 159 km/h belangt werden. Cox: "Bei diesem Tempo braucht man bereits 41 Meter mehr, um stehen zu bleiben."

Laut Verkehrsministerium hat es auf den beiden seit 1. August bestehenden Tempo-140-Teststrecken auf der Westautobahn "keine Unregelmäßigkeiten" gegeben. Die Regelung werde von den Autofahrern "sehr diszipliniert angenommen". Ob Tempo 140 tatsächlich ausgeweitet wird, soll im August 2019 entschieden werden. Bisher hatte es geheißen, dass maximal die Hälfte aller Autobahnkilometer für Tempo 140 geeignet sein könnte. Im Interview mit "Österreich" hat Hofer nun auf zwei Drittel aufgestockt.

Auch seine Aussage, dass der sogenannte Luft-100er nicht viel bringe, eckt an. Hofer will nach Kärnten weitere Bundesländer ersuchen, die Geschwindigkeitsbegrenzung nach dem Immissionsschutzgesetz für Luft (IG-L) auf bestimmten Strecken aufzuheben. (Michael Simoner, 17.9.2018)