Passivraucher sind besonders gefährdet, weil der "Nebenstromrauch von der Zigarettenspitze viel höhere Konzentrationen an krebsfördernden Schadstoffen wie etwa tabakspezifische Nitrosamine enthält als der Hauptstromrauch", erklärt Umwelthygieniker Manfred Neuberger.

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Wien – Das am 1. Oktober startende Volksbegehren "Don't smoke" soll vor allem den Nichtraucherschutz durch die Einführung des ehemals auch von der ÖVP mitbeschlossenen und von der türkis-blauen Regierung wieder gekippten Gastro-Rauchverbots fördern. Passivrauch ist nämlich ähnlich gefährlich wie jener Nikotindunst, den die aktiven Raucher aufnehmen.

"Im Wesentlichen sind die Partikel im frischen Passivrauch noch kleiner als im Aktivrauch, dringen daher tiefer in die Lunge vor und transportieren auf ihrer großen Oberfläche noch mehr Pyrolyseprodukte", sagt der Wiener Umwelthygieniker Manfred Neuberger.

Neuberger hat sich seit vielen Jahren mit dem Problem von Luftschadstoffen beschäftigt. In einem wissenschaftlichen Übersichtsartikel schreibt er: "Drei nacheinander im Aschenbecher verglimmende Zigaretten führten in einem 60 Kubikmeter großen Raum eine Stunde lang zu zehnmal höheren Feinstaubkonzentrationen als ein im selben Raum über 30 Minuten laufender Pkw-Dieselmotor."

Bereits die erste Zigarette schadet

In mancher Hinsicht sind unfreiwillige Passivraucher im Vergleich zu den oft nikotinabhängigen Aktivrauchern gesundheitlich schlecht gestellt. "Dazu kommt, dass der Nebenstromrauch von der Zigarettenspitze viel höhere Konzentrationen an krebsfördernden Schadstoffen wie etwa tabakspezifische Nitrosamine enthält als der Hauptstromrauch, den der Raucher freiwillig inhaliert, weil die Verbrennungstemperatur in den Zugpausen geringer ist. Auch die Partikelgröße ist im Nebenstromrauch geringer und damit seine Oberfläche größer, mit der er mit Schleimhautoberflächen in Kontakt kommt. Die kleinsten Partikel gelangen über die Alveolen (Lungenbläschen, Anm.) zum Teil auch ins Blut und damit in alle Organe", so der Experte.

Das Problem: Für die Schadstoffbelastung durch das Rauchen gibt es keine Schwellenwerte, ab denen eine Schädigung sprunghaft zunimmt oder unter denen kein negativer Effekt eintritt. Wahrscheinlich – so der Experte – steigt das Risiko einer Schädigung sogar im unteren Bereich steiler an.

"Das Rauchen einer einzigen Zigarette pro Tag ist assoziiert mit etwa der halben Risikoerhöhung für Herzinfarkt und Schlaganfall wie das Rauchen von 20 Zigaretten pro Tag und regelmäßiges Passivrauchen erhöht ischämische Herzkrankheiten (Angina pectoris, Infarkt etc.; Anm.) in vergleichbarem Ausmaß wie leichtes Aktivrauchen. Passivrauchen erhöht zum Beispiel das Schlaganfallrisiko um 20 bis 30 Prozent", beschreibt Neuberger die Konsequenzen.

Drei Tote täglich durch Passivrauchen

Wissenschaftliche Studien haben die Belastung durch Passivrauchen in der Gastronomie längst belegt. Der Experte formulierte das so: "An Arbeitstagen scheiden nichtrauchende Angestellte im Gastgewerbe bis zu 25-mal mehr Nikotin im Harn aus als an ihren freien Tagen und bis zu 4,5-mal mehr tabakspezifische Karzinogene. Im Harn nichtrauchender Kellner nimmt das potenteste Lungenkarzinom (Nitrosamin; Anm.) des Tabakrauches um sechs Prozent pro Arbeitsstunde zu." Selbst an arbeitsfreien Tagen hätte sich die Belastung noch nachweisen lassen.

Reizung der Atemwege, Husten, Asthmaanfälle und vermehrte Fälle von chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) wurden mit dem Passivrauchen in Verbindung gebracht. Beim Herz-Kreislauf-System sind es Atherosklerose, Erkrankungen der Herzkranzgefäße und Schlaganfall. Lungenkrebs, Mammakarzinome vor der Menopause und Krebs der Nasenhöhlen etc. sind ebenfalls belegt. Hinzu kommen Probleme mit den Schleimhäuten, Kopfschmerzen, Schwindelanfälle und eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen.

Das Fazit des Experten: "In Österreich sterben im Schnitt drei Menschen pro Tag, weil andere rauchen, und noch mehr Menschen erkranken deshalb an Herz-Kreislauf- und Lungenkrankheiten sowie an Krebs."

Erhöhtes Risiko für vorzeitigen Tod

Das ehemals geplante Rauchverbot an allen Arbeitsplätzen "ließe binnen eines Jahres einen nachhaltigen Rückgang der Herzinfarkte um etwa 15 Prozent sowie nachhaltige Rückgänge von Zerebralinsulten, chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Krebserkrankungen und Stoffwechselstörungen erwarten. Studien in Europa und Nordamerika weisen einen signifikanten Rückgang von Frühgeburten und kindlichem Asthma nach, da Passivrauch durch das Rauchverbot in der Gastronomie als Luftverschmutzung wahrgenommen und Rauchen in der Öffentlichkeit zunehmend denormalisiert wurde", so der Experte weiter.

Der Umwelthygieniker zieht folgenden Vergleich zwischen den Schadstoffen in der Luft in der Umwelt und dem Passivrauchen: "An einer verkehrsreichen Straße in Wien ist das kardiovaskuläre Sterberisiko um etwa sieben Prozent erhöht, bei achtstündiger Arbeit in der Gastronomie um 20 Prozent." (APA, 18.9.2018)