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Die Industrieproduktion in Europa verläuft schon seit einigen Monaten schleppend. Das hat auch mit den Gewitterwolken im Welthandel zu tun.

Foto: AP Photo/Ben Margot

Donald Trump lässt nicht locker. Der US-Präsident hat in der Nacht auf Montag im Handelskrieg mit China die dicke Bertha zum Einsatz gebracht. Chinesische Einfuhren im Wert von 200 Milliarden Dollar sollen mit Strafzöllen von zehn Prozent belastet werden. Das entspricht der Hälfte der chinesischen Ausfuhren in die Vereinigten Staaten.

Zugleich kündigte Trump eine Anhebung der Abgabe auf 25 Prozent mit Jahreswechsel an und drohte mit Zöllen auf weitere Importe im Ausmaß von 267 Milliarden Dollar, sollte Peking Vergeltungsmaßnahmen ergreifen. China reagierte prompt und will Strafzölle auf US-amerikanische Importe im Wert von 60 Milliarden Dollar einheben.

Vor enormen Verschiebungen

In Europa wurde am Dienstag eifrig diskutiert, inwieweit europäische Unternehmen vom Handelsstreit betroffen sein könnten. Die EU hat ja eine Eskalation des Konflikts mit den USA verhindert, nachdem Trump mit Strafzöllen auf europäische Autoimporte gedroht hatte. Einige Beobachter meinen, die EU könnte von den amerikanisch-chinesischen Auseinandersetzungen profitieren. Europäische Waren könnten Güter ersetzen, die nun durch Strafzölle verteuert werden. "Die Produkte aus Europa könnten durchaus Marktanteile gewinnen", erklärt der Handelsexperte des Münchner Ifo-Instituts, Gabriel Felbermayr.

Er räumte freilich ein, dass EU-Konzerne ebenfalls von den Sanktionen betroffen sind, wenn sie in China oder den USA für den Weltmarkt herstellen. Ein Beispiel wären chinesische Elektronikbauteile, die Siemens in den USA verwendet. Der Konflikt könnte zu enormen Verschiebungen führen. Laut einer Umfrage der EU-Handelskammer in Peking unter Firmen, die im amerikanisch-chinesischen Handel tätig sind, wollen zehn Prozent relevante Teile ihrer Produktion verlagern. 17 Prozent gaben an, geplante Investitionen vorerst zu verschieben.

Globale Lieferketten

Auch Max J. Zengleich vom deutschen Mercator-Institut für Chinastudien befürchtet Beeinträchtigungen der Lieferketten. "Ich warne deshalb davor, etwaige Vorteile auf dem chinesischen Markt durch eine mögliche Benachteiligung amerikanischer Konkurrenten zu bejubeln." Europäische Unternehmen, so erklärt Zengleich weiter, "könnten im Handelsstreit zwischen die Fronten geraten".

Europa hat zudem einen zweiten Grund, das amerikanisch-chinesische Treiben mit Skepsis zu betrachten. Derzeit läuft die Konjunktur zwar auf Hochtouren, doch eine Abschwächung zeichnet sich immer deutlicher ab, und die hat zumindest indirekt mit den Gewitterwolken über dem Welthandel zu tun: Die Industrieproduktion verläuft schon seit einigen Monaten schleppend. Das hat noch keine Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft, weil der private Konsum sehr robust ist. Doch sollte die Industrie die Kapazitäten wegen der verringerten internationalen Nachfrage anpassen, würde das über einen schwächeren Arbeitsmarkt auf das Wachstum durchschlagen.

Vor allem in der exportabhängigen Eurozone werden die jüngsten Daten mit Sorge betrachtet. So sank die Industrieproduktion in der Währungsunion im Juli nicht nur erneut gegenüber dem Vormonat, sondern erstmals seit Frühjahr 2017 auch gegenüber dem Vorjahr. Die Verschärfung im Handelsstreit zwischen den USA und China spielt dabei laut einer Analyse von Oxford Economics eine wichtige Rolle. (Andreas Schnauder, 20.9.2018)