Wien – Durchwachsen ist das Zeugnis, das die österreichische Bundesregierung von dem Politologen Anton Pelinka für die erste Hälfte des EU-Ratsvorsitzes ausgestellt bekommt: "Der Ratsvorsitz ist bisher geglückt, weil er nicht missglückt ist." Es sei eine Schwäche des Rates, dass alle Mitgliedstaaten dort Innenpolitik betreiben. Sebastian Kurz inszenierte Österreich als "Brückenbauer", doch der Bundeskanzler sei die Antwort "auf die Frage, von wem zu wem Brücken gebaut werden sollen", bewusst schuldig geblieben. "Zwischen der EU und den Außenpartnern wie der Russischen Föderation – oder meint er Brücken zwischen den Mitgliedstaaten, beispielsweise zwischen der ungarischen und der französischen Regierung?", fragt Pelinka.

Dass Österreichs Regierung in der Frage des Rechtsstaatsverfahrens gegen Ungarn keine einheitliche Position vertritt, sei zwar "Normalität in einer Koalition". Die ÖVP habe, angetrieben durch Othmar Karas, jedoch gegen Widerstand der FPÖ, einer Einleitung zugestimmt: "Man kann nicht erwarten, dass Österreich in diesem Fall eine Vermittlerrolle spielen kann."

"Österreich lässt Italien völlig allein"

Beim Thema Migration würden die einzelnen Mitgliedstaaten nationale Politik betreiben – auch Österreich. "Strache und Salvini (Italiens Innenminister, Anm.) wollen zwar den Eindruck machen, sie seien die besten Freunde. In Wahrheit lässt Österreich Italien in der Migrationsfrage aber völlig allein." Europapolitisch sei das ganz bestimmt kein "Brückenbauen". Eine EU-Gesamtarchitektur könne aber auch nicht von einer Ratspräsidentschaft kommen. Nach außen hin sei der Salzburger Gipfel vor allem eine Chance für die ÖVP, eine Show zu liefern, die gut ankommt. "Aber das ist Performance und nicht Substanz." Kurz wisse: "Wenn er zu konkret wird, kann er sich nur den Kopf anrennen." Außer der Leerformel "Schutz der Außengrenzen" sei in der Frage von Österreich nichts gekommen. (mhe, 18.9.2018)