Michaela Polleres (blau) holte im April bei der EM in Tel Aviv Bronze, in Baku ist sie Außenseiterin.

Foto: APA/AFP/JACK GUEZ

Wien/Baku – Es wäre keine Überraschung und auch kein Drama, wenn der größte österreichische Erfolg im Rahmen der heute beginnenden Judo-Weltmeisterschaften schon vor dem Start erreicht wurde: Wien bekam den Zuschlag für die WM 2021.

Derartige Großevents sind im österreichischen Sommersport eine Rarität, in 14 Gewichtsklassen plus dem olympischen Mixed-Teambewerb werden mehr als tausend Athleten antreten. Hans-Paul Kutschera, Präsident des nationalen Judoverbands, dankte Judo-Weltverbandspräsident Marius Vizer, dem IJF-Vorstand und Sportminister Heinz-Christian Strache, wie man das nach derartigen Verleihungen eben tut.

Kutschera lobte die WM als den "Höhepunkt unserer organisatorischen Arbeit im und für den Judoverband", er ist sich "sicher, dass sie ein großer Impuls für die weitere Entwicklung unserer tollen Sportart sein wird. Dieses Event ist eine riesige Herausforderung, aber wir sind bereit."

In Baku nicht mehr als Außenseiter

Diese Bereitschaft gilt für die heurige, in Baku stattfindende WM nur bedingt. Nicht, dass die Hausaufgaben nicht gemacht wurden; problematisch sind vielmehr akute und überstandene Verletzungen. Der EM-Dritte Stefan Hegyi fällt mit einem Kreuzbandeinriss aus, mit den Tirolerinnen Bernadette Graf (bis 78 kg) und Kathrin Unterwurzacher (- 63) sind die gewöhnlich am stärksten einzuschätzenden Österreicherinnen erst kürzlich von langen Pausen zurückgekehrt.

Das Damen-Duo ist dennoch dabei, auch Magdalena Krssakova (-63), Michaela Polleres (-70) und Sabrina Filzmoser (-57) gehen an den Start. Auf Filzmosers Konto gehen die letzten heimischen WM-Podestplätze, 2005 und 2010 holte sie Bronze. Die 38-Jährige hat in Baku eine Doppelfunktion inne, als Mitglied der IJF-Athletenkommission wird die Oberösterreicherin eine Rede über ihre Judo-Entwicklungsprojekte in Nepal und Bhutan halten.

Filzmoser engagiert sich im Himalaya-Gebiet seit langer Zeit für Straßenkinder, war mehrfach vor Ort: "So vieles habe ich dort erst gelernt. Vor allem die ethische Wertschätzung und die Einordnung unserer sicheren sozialen Absicherung."

Tokio ist ein Thema

Die Grande Dame des österreichischen Judosports dürfte ihre Karriere laut den Oberösterreichischen Nachrichten bis Olympia 2020 (Tokio) fortsetzen, die baldige Aufnahme in den Spitzensportkader der Polizei soll für die zuletzt fehlende finanzielle Sicherheit sorgen. Filzmoser eröffnet die WM für Österreich am Samstag gemeinsam mit Christoph Wagner und Lukas Reiter (-73), die ersten zwei Wettkampftage kommen ohne Austro-Beteiligung aus. Den Herren-Kader komplettieren Laurin Böhler, Aaron Fara (beide -100) und der nach doppeltem Bandscheibenvorfall nicht vollfitte Daniel Allerstorfer (+100).

Als Ziel gab der Verband eine Medaille aus, weniger würde auch seltsam wirken. Die Zielsetzung ändert freilich nichts an der Außenseiterrolle der ÖJV-Judoka. Die Weltspitze ist versammelt, erstmals geht es um Big Points für die Olympia-Qualifikation 2020. Überraschungen sind immer möglich, das bewies Polleres im April mit EM-Bronze. (schau, APA)