Adel Bazmawi betreibt in Kairo einen Kebabstand. Nach Europa ließe ihn, wenn er wollte, die ägyptische Regierung aber nicht ausreisen.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) strebt als derzeitiger EU-Ratspräsident in Sachen Migrationsbekämpfung in Nordafrika eine engere Zusammenarbeit mit Ägyptens Militärregime an. Das erklärte er auf dem EU-Gipfel in Salzburg am Donnerstag. Erst am Wochenende war Kurz zusammen mit dem ständigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk nach Kairo gereist und hatte Gespräche mit Ägyptens Staatschef Abdelfattah al-Sisi, Außenminister Sameh Shoukry und Geheimdienstchef Abbas Kamel geführt.

Kurz hatte betont, Ägypten habe die sogenannte illegale Migration unterbunden und sei bereit, über eine "vertiefte Zusammenarbeit" mit der EU zu verhandeln. Ob das Land ein geeigneter Partner der EU in der Migrationspolitik ist, bleibt jedoch fraglich. Ägyptens Regierung wird für zahlreiche Menschenrechtsverstöße verantwortlich gemacht.

Kooperation auf Hochtouren

In der Tat haben ägyptische Behörden nach dem Bootsunglück von Rashid 2016, bei dem mehr als 200 Menschen ertrunken waren, die Kontrollen an den Seegrenzen massiv verstärkt. Seither habe kein einziges Flüchtlingsboot ägyptische Gewässer in Richtung Europa verlassen, betont Naela Gabr, Vorsitzende des Koordinierungskomitees für Ägyptens Migrationspolitik, stolz gegenüber dem STANDARD.

Dabei läuft die europäisch-ägyptische Migrationskooperation auf Hochtouren. Vor allem Deutschland und Italien arbeiten dabei eng mit Kairo zusammen. Deutsche Polizeibehörden setzen bereits seit 2015 auf Ausrüstungshilfen für Ägyptens Grenzschutz und auf Ausbildungsmaßnahmen für das Innenministerium, aber auch für die Geheimdienste NSA und GIS – also jene ägyptischen Behörden, denen massive Menschenrechtsverletzungen und sogar Folter vorgeworfen werden.

"Freiluftgefängnis"

Auch Italien führt im Rahmen eines Polizeiabkommens Trainingsmaßnahmen für Ägyptens Polizei durch. Der deutsche Rüstungsgigant TKMS verkaufte zudem zwei U-Boote an Ägyptens Küstenwache, während Frankreich zu einem der größten Waffenlieferanten für Ägyptens Marine und die Luftwaffe aufgestiegen ist.

Präsident Sisi geht derweil in einer bisher beispiellosen Manier gegen die Opposition vor und lässt Journalisten und Menschenrechtsaktivisten systematisch verfolgen. Sein Regime habe das Land in ein "Freiluftgefängnis" für Kritiker verwandelt, erklärte die Menschenrechts-NGO Amnesty International erst am Mittwoch. Auch Flüchtlinge und Migranten sind nicht sicher in Ägypten. Im August berichtete das auf Migrationsfragen spezialisierte Portal Refugees Deep ly, ägyptische Sicherheitsbehörden würden im Namen der sudanesischen Regierung in Kairo Jagd auf sudanesische Oppositionelle machen.

In Sachen Fluchtursachenbekämpfung pumpen EU-Staaten und die EU derweil massiv Geld in Entwicklungsprojekte in Ägypten, um Bleibeanreize für potenzielle ägyptische Migranten zu schaffen. Derlei Projekte werden von NGOs und Aktivisten als Tropfen auf dem heißen Stein bezeichnet. (Sofian Philip Naceur aus Kairo, 20.9.2018)