Die umstrittene Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) hält auch ein halbes Jahr nach ihrer Durchführung die Politik in Atem. Zwölf Zeugen hat der parlamentarische Untersuchungsausschuss bereits gehört, dazu kommen zahlreiche Pressekonferenzen, Gerichtsurteile und parlamentarische Anfragebeantwortungen. Der STANDARD hat den Tag der Razzia anhand von Originalaussagen der Beteiligten rekonstruiert und deren Aussagen so nebeneinander gestellt.

Hinweis: Da die offiziellen stenografischen Protokolle des U-Ausschusses noch nicht abrufbar sind, griff DER STANDARD auf eigene Notizen und die Nachlese des Livetickers zurück. Heikle Passagen wurden dabei mit den Livetickern anderer Medien verglichen, um akustische Fehlinterpretationen zu vermeiden. O-Töne werden als Originalzitat geführt, der restliche Text ist eine Zusammenfassung von Fragen und Antworten. Alle Materialien abseits des U-Ausschusses werden ausgewiesen.

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Prolog

Die Anordnung zur Hausdurchsuchung:

Die Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft:

"P., Referatsleiter für Nachrichtendienst und S. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem Vorsatz, die Sozialistische Republik Nordkorea (...) an ihrem Recht auf die Ausfolgung von exklusiv über Bestellung angefertigte Reisepassrohlinge zu schädigen, indem sie sich rechtswidrig etwa 30 Reisepassrohlinge verschafften, um anschließend drei Stück an den südkoreanischen Geheimdienst weiterzugeben."

"P. und H., mit dem Vorsatz, noch auszuforschende Personen an ihrem Recht auf Schutz von durch das BVT erlangten und verarbeiteten personenbezogenen Daten durch deren Vernichtung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu schädigen, indem sich P. vor Ablauf der Skartierungsfrist Kopien dieser Akten anfertigen ließ."

"Z., mit dem Vorsatz, noch auszuforschende Personen, deren Daten durch das BVT erlangt und verarbeitet wurden, in ihrem Recht auf Datenschutz zu schädigen."

"Peter Gridling, Direktor des BVT, mit dem Vorsatz, jene noch auszuforschenden Personen in ihrem Recht auf Datenlöschungen und Rechtsanwalt Dr. Gabriel Lansky in seinem Recht auf Schutz von seinem Berufsgeheimnis unterliegenden Daten zu schädigen, indem er es mutwillig unterließ, die Anweisung zu erteilen, die hergestellte Datenkopie zu löschen."

Daher: "Sicherstellung sämtlicher Unterlagen, Daten und elektronischer Daten jeglicher Art mit Informationen hinsichtlich der angeführten Sachverhalte".

28. Februar, 9 Uhr: Die Razzia beginnt mit einem "Trick"

Walter G., Sicherheitszentrale, BVT:

Um circa neun Uhr haben fünf Personen angeläutet. Der Leiter der EGS (Wolfgang Preiszler, Anm.) hat seinen Ausweis hergezeigt und gesagt: "Wir haben eine Besprechung im BVT." Ihm wurde die erste Tür aufgemacht, dann wollte man den Termin abklären. Da sagte Preiszler, dass es sich um eine Hausdurchsuchung handelt.

Dominik S., EGS:

Bei der Einsatzbesprechung am Vorabend in der EGS hat ein Kollege erklärt, "wie man vielleicht mit einem Trick in die Sicherheitszentrale reinkommt". Der Trick sei am nächsten Tag mit der Staatsanwältin besprochen und durchgeführt worden.

Wolfgang R., EGS:

"Mein Eindruck war, dass man keine Kenntnisse hatte, wie man in ein Gebäude hineinkommt." Deswegen wurde R. zur EGS-Besprechung am Vorabend hinzugezogen. Das Gebäude ist mehrfach gesichert. "Mein Vorschlag war, dass wir uns als Kollegen, als Delegation ausgeben."

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

"Wir haben schon am Vorabend besprochen, dass wir einen Vorwand brauchen – und am nächsten Tag am Morgen wurde diese Idee geboren." Irgendetwas habe man ja sagen müssen. "Wir sind hingefahren, haben dort geläutet, haben uns ausgegeben als LVT, aber nicht LVT Wien, weil ich mir gedacht habe, die könnten sie kennen, daraufhin wurde uns geöffnet."

Um sich Zugang zum BVT zu verschaffen, setzten die Polizisten auf einen "Trick".
Foto: Standard/Fischer

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Kurz nach 9 Uhr: Vorwurf der Nötigung

Dominik S., EGS:

Während sich der Vortrupp Zutritt zur Sicherheitszentrale verschafft hat, "waren wir in einem Stiegenhaus gegenüber vom BVT-Eingang", von circa 8.30 bis 9 Uhr.

Walter G., Sicherheitszentrale, BVT:

Preiszler "hat gesagt, wir dürfen nicht kommunizieren. Er hat auch den EGS-Leuten gesagt, sie sollen Gewalt anwenden, wenn wir uns nicht daran halten. Hätte ich zum Telefon gegriffen, wären sie handgreiflich geworden." Eine schriftliche Anordnung der Razzia wollte die Staatsanwältin nicht vorweisen.

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

Er habe gesagt, dass bei Widerstand dienstrechtliche Konsequenzen bis hin zur Suspendierung drohen. "Das war eine kollegiale Serviceleistung von mir, damit er nichts zum Befürchten hat." Von Gewalt sei man da weit entfernt. "Er kann ja nichts dafür, dass er gerade an dem Tag Dienst hat, an dem ich daherkomme".

Walter G., Sicherheitszentrale, BVT:

"In gewisser Weise" war es schon Nötigung.

Michaela K., Juristin im BVT:

Es wurde eine Sachverhaltsdarstellung wegen Nötigung bei der Staatsanwaltschaft angeregt, diese wanderte über den Tisch des BVT-Vize zur Generaldirektorin für die öffentliche Sicherheit.

Wolfgang R., EGS:

Preiszler habe in der Sicherheitszentrale "dienstrechtliche Konsequenzen angeordnet, falls nicht getan wird, was er sagt". Auch strafrechtliche Konsequenzen könnte es geben.

Manfred Arbacher-Stöger, Anwalt von Wolfgang Preiszler, Statement vor dem Ausschuss:

"Preiszler hat ein Entschlagungsrecht" vor dem Ausschuss, denn er wird als Beschuldigter wegen des Anfangsverdachts auf Nötigung bei der Staatsanwaltschaft Korneuburg geführt. (Es gilt die Unschuldsvermutung, Anm.)

Robert B., IT-Techniker des BVT:

Er hätte sich erwartet, dass sich das BVT über die Razzia beschwert. Stattdessen habe das BVT jedem einzelnen Betroffenen empfohlen, das alleine für sich zu tun. Ein Anwalt habe gemeint, Kollegen der Sicherheitsabteilung können versuchen, sich gegen Nötigung durch Preiszler zu beschweren.

Andreas Wieselthaler, Leiter des Bundesamts zur Korruptionsbekämpfung (BAK):

Im staatlichen Bereich sei eine Amtshilfe, die zwingend ausgeführt werden muss, immer zu bevorzugen. "Es soll zu keiner Situation kommen, in der sich 'zwei bewaffnete Gruppen' gegenüberstehen." Im staatlichen Bereich hat das BAK nie eine Hausdurchsuchung durchgeführt.

Dominik S., EGS:

Eine gewalttätige Durchsetzung habe man nicht erwogen. Ein Rammbock war in einer Tasche dabei.

Wolfgang R., EGS:

"Wir haben Unterziehwesten getragen." Zur Möglichkeit eines Feuergefechts: "Man kann in keinen Menschen hineinschauen."

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

"Der Tenor war: Wenn die Tür nicht aufgemacht wird, können wir umdrehen und heimfahren." Man ziehe Schutzwesten an, "damit wir unterscheidbar sind zwischen Feind und Nichtfeind."

Wolfgang Preiszler (Mitte) bei seinem Auftritt vor dem U-Ausschuss.
Foto: APA/Neubauer

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9.07, Durchsuchung beginnt mit Zutritt zur IT-Abteilung

Wolfgang R., EGS:

"Bei der Hausdurchsuchung war es so, dass ich den Generalschlüssel bei mir hatte, der war mir ausgehändigt worden, ich führte die Exekutivbeamten". "Ich wusste nicht, wo die Räume sind, aber sehr wohl, wo die Referate sind." Auftrag der Staatsanwältin war: In die Referate gehen und dort "sämtliche elektronischen Unterlagen" sicherstellen.

Robert B., IT-Techniker im BVT:

Um neun Uhr hat alles nach einem normalen Arbeitstag ausgesehen. "Ich war mitten in einem Supportgespräch", da standen plötzlich Polizisten in der Tür und hätten ihn aufgefordert, die Arbeit einzustellen und Handys wegzulegen.

Norbert B., auch IT-Techniker im BVT:

Ein Ermittler der WKStA soll den Kollegen gesagt haben: "Wir nehmen jetzt alles mit." Diesem Ermittler sei beim Betreten des Serverraums "das Gesicht eingeschlafen", denn es seien "50 Server in Betrieb".

Robert B., IT-Techniker im BVT:

Es ist "eigentlich denkunmöglich", die Server abzubauen. "Ich habe es noch nie erlebt, dass bei einer Hausdurchsuchung alle Server mitgenommen wurden." Das Angebot, Daten freiwillig auszuhändigen, wurde abgelehnt. Es sei offenkundig, dass es den Leuten, die Material gesichert haben, "an einfachsten IT-Kenntnissen gefehlt hat".

Michaela K., Juristin im BVT:

Am Tag der Razzia hat sie die Staatsanwältin in der IT-Abteilung des BVT angetroffen und die gerichtliche Anordnung der Razzia verlangt.

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Bild nicht mehr verfügbar.

Gab es einen "roten Knopf", mit dem aus der Ferne alle Daten gelöscht werden konnten?
Foto: AP/Coffrini

Vormittag: Die Frage der Fernlöschung

Josef Moser, Justizminister, PK am 14. März 2018:

Es gab den "akuten Verdacht", dass sensible Daten "via Fernlöschung vernichtet werden". Beschuldigte hätten Daten "von außen löschen und damit wichtige Beweismittel" vernichten können. Deshalb wurde kurzfristig eine Hausdurchsuchung angeordnet.

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

"Diese Fernlöschung, das war der rote Faden durch die ganze Besprechung, das war das Um und Auf".

Wolfgang R., EGS:

Er wusste vorab über das Ziel der Razzia, dass eine "Fernlöschung relevanter Daten im Raum steht".

Michaela K., Juristin im BVT:

"Jede einzelne Fernlöschung ist im Nachhinein nachvollziehbar."

Robert B., IT-Techniker im BVT:

"Der Schwachsinn der Fernlöschung, der hier herumgeistert, ist ein Schwachsinn, und das sollte gesagt werden."

Norbert B., IT-Techniker im BVT:

"Ich kann von zu Hause genauso viel wie vom Büro aus. Aber es ist nicht wahr, dass wir einen roten Knopf haben, mit dem wir alles löschen können."

Robert B., IT-Techniker im BVT:

"Da hat jemand zu viele Filme gesehen."

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Wurden sensible Datenträger in Toppits-Sackerln transportiert?
Foto: Toppits

Vormittag: Versiegelungen von Material

Michaela K., Juristin im BVT:

Sie habe in der WKStA angerufen und eine Versiegelung verlangt, da das BVT eine äußerst sensible Dienststelle und eine Versiegelung unbedingt geboten sei.

Aus dem Protokoll der Staatsanwältin:

"Um 12.40 Uhr erscheint eine Vertreterin der Rechtsabteilung des BVT. Mag K. gibt an, dass sie die Versiegelung der sichergestellten elektronischen Datenträger beantrage. (...) Der 'Antrag auf Versiegeln' wird zwar zur Kenntnis genommen, diesem jedoch nicht entsprochen."

Michaela K., Juristin im BVT:

Die Staatsanwältin hat nach der Bitte um Versiegelung mehrere Telefonate geführt und sich danach dagegen entschieden.

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

"Ich habe die Damen (BVT-Juristin, Staatsanwältin, Anm.) das ausdiskutieren lassen." Er habe "jede Schachtel an den Sitz des BVT beordert und das Angebot gemacht, das zu versiegeln". "Eine von den Damen" habe das abgelehnt.

Norbert B., IT-Techniker im BVT:

Die Datenträger sind in "Sackerln, wo Tupperware draufsteht oder Ikea oder Toppits", transportiert worden. "Ja, Toppits war's."

Anfragebeantwortung Justizminister Josef Moser, 18. September 2018:

"Der Transport der Datenträger durch die IT-Experten der Justiz erfolgte gemäß den einschlägigen forensischen Standards, daher unter Verwendung der Originalverpackung oder durch den Einsatz antistatischer Kunststoffbehälter und Faltkartons."

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Die Sicherstellung der Daten durch Polizisten

Sachverhaltsdarstellung von S. G., Leiterin Extremismus-Referat:

"Am 28.02.2018 gegen 09.00 Uhr saßen ich und meine Mitarbeiterinnen in unserem Aufenthaltsraum bei der täglichen morgendlichen Besprechung. Plötzlich sah ich von meinem Sitzplatz aus, bei geöffneter Tür, dass mehrere fremde Männer in unseren Gang stürmten."

Wolfgang R., EGS:

Er habe Extremismus-Leiterin G. zu ihrem Büro begleitet, ihr gesagt, dass es eine Hausdurchsuchung gebe und dass alles Weitere die Staatsanwältin erklären werde.

Sachverhaltsdarstellung von S. G., Leiterin Extremismus-Referat:

"Gegen 09.20 Uhr kam dann kurz die Frau OStA Schmudermayer zu mir ins Zimmer, händigte mir die zu diesem Zeitpunkt noch nicht unterfertigte und offenbar mündlich erfolgte gerichtlich bewilligte Anordnung der Durchsuchung und Sicherstellung aus."

Hausdurchsuchungsanordnung für Büro von S. G.:

"Ein Zeuge bestätigt auch einen sehr engen E-Mail-Kontakt von G. und Zöhrer (Vorgesetzter von G.) und dem ehemaligen Kabinettschef Kloibmüller und schließt dabei nicht aus, dass sie auf diesem Wege Anweisungen bekommen hat."

Justizminister Josef Moser, Bundesrat, 15. März:

"Generalsekretär Pilnacek hat die Begründung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft anhand der in einer Dienstbesprechung erteilten Informationen referiert und dargestellt, dass er insoweit die Begründung der Sicherstellungsanordnung nachvollziehen kann – dem schließe ich mich an –, als aufgrund des intensiven beruflichen Kontakts der Referatsleiterin mit einem der Beschuldigten anzunehmen ist, dass sie direkt von diesem Anordnungen betreffend die Aufbewahrung von Daten bekommen habe, wobei diese Anordnungen bei ihr noch gespeichert seien."

Gernot S., EGS:

Weil er gerade ohne Aufgabe war, sei er in G.s Büro geschickt worden. Er habe via Funk davon erfahren, in welches Büro er gehen soll. Die Referatsleiterin S. G. habe kooperiert und "war die ganze Zeit eingebunden".

Sachverhaltsdarstellung von S. G., Leiterin Rechtsextremismus-Referat:

"Eine zielorientierte Mitwirkungsmöglichkeit meinerseits war – trotz mehrfachen Angebotes und mehrmaliger Inhaltshinweise – zu keinem Zeitpunkt möglich, was auch dazu führte, dass aus meiner Sicht nur unnötige physische Gegenstände/Unterlagen sichergestellt wurden, da diese – soweit für mich nach außen ersichtlich – überhaupt keinen Bezug zum Anlass für die Durchsuchung haben."

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

Er habe nicht mitbekommen, welche und wessen Daten mitgenommen wurden. "Der Inhalt der Ermittlungen hat mich nicht interessiert."

Werner K., EGS:

Er habe Telefondienst geleistet zwischen den Leuten im Büro und der Staatsanwältin. "Ich kann Ihnen den genauen Wortlaut, was Frau Mag. Schmudermayer gesagt hat, nicht wiedergeben, und auch die genaue Zeit müsste man den Protokollen entnehmen".

Gernot S., EGS:

Es kam die Weisung, "alle elektronischen Datenträger mitnehmen, egal ob relevant oder nicht". Es wurde sogar mit der Staatsanwältin Kontakt aufgenommen, "ihr die Bedenken der Frau G. mitgeteilt, und die Staatsanwältin hat entschieden: Es wird alles mitgenommen".

Aus dem Protokoll der Staatsanwältin Schmudermayer:

"Um 12:05 Uhr fragt die LPD Wien (EGS) nach, ob im Büro von S. G. sämtliche dort vorhandenen schriftlichen Papierunterlagen ebenso sichergestellt werden sollen. Konkret handelt es sich um viele tausend Blätter, wobei ausgedruckte E-Mails anscheinend mit Aktenteilen vermischt sind. Daraufhin wird abgeklärt, dass der Schwerpunkt auf ihrer Kommunikation liegt, weswegen eine grobe Sichtung durchgeführt werden soll."

Werner K., EGS:

"Das erste Telefonat von Kollegen S. war deutlich früher" als 11 Uhr. "Es waren mehrere Telefonate, wo er dann eben ersucht hat, was er jetzt tun soll. Das habe ich übermittelt." Später kam die mündliche Weisung, noch einmal nach E-Mail-Korrespondenzen zu suchen.

Gernot S., EGS-Beamter im Büro S. G.:

Der Auftrag, konkret E-Mails mit dem Namen des BVT-Vize zu suchen, sei gegen 14 Uhr per Funk gekommen. Er habe nicht alle Mails gesichtet, auch Kollegen hätten das getan, er könne also für nichts garantieren. Die Datenträger wurden in Kartons verpackt, ein IT-Experte war anwesend.

Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium, bei einer PK am 9. März:

Zugriff auf die kopierten Daten hatten alleine die fallführende Staatsanwältin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und der zuständige IT-Experte, die die Daten auch gemeinsam gesichert hatten.

Peter Goldgruber, Generalsekretär im Innenministerium, per OTS am 8. März:

"Die Verfahren gegen Mitarbeiter des BVT werden von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft geführt. Die in diesem Zusammenhang durchgeführten Hausdurchsuchungen wurden daher ebenfalls von Staatsanwälten geleitet, die allfällige Daten mit eigenem Personal gesichert und auch mitgenommen haben. Die für den Einsatz angeforderte Polizeieinheit EGS hat diese staatsanwaltlichen Aktionen lediglich begleitet."

Wolfgang R., EGS:

"Wir waren eigentlich nicht ausgerüstet, Sicherstellungen durchzuführen. Frau Schmudermayer hat trotzdem die Anweisung erteilt, sämtliche Unterlagen durchzuführen."

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

"Die EGS war ursprünglich nicht dafür vorgesehen, Sicherstellungen zu transportieren oder vorzunehmen– das hat sich erst während der Hausdurchsuchung so ergeben."

Innenminister Herbert Kickl, Bundesrat, 15. März:

"Die einzige Aufgabe der EGS war die Herstellung der Exekutivgewalt. Die Anwesenheit der Polizeikräfte beschränkte sich also darauf, den unmittelbaren Zugriff der Betroffenen auf das der Sicherung unterliegende technische Gerät und jede Manipulationsmöglichkeit zu unterbinden."

Bernhard P., Referatsleiter Nachrichtendienst im BVT:

Die Staatsanwältin habe sich irgendwann verabschiedet, dann seien "drei bis fünf EGS-Leute" dageblieben und hätten alleine sensible Dokumente gesichtet, auch als streng geheim klassifizierte Dokumente – und zwar "zwei Stunden lang".

Norbert B., IT-Techniker im BVT:

Die Hausdurchsuchung in seinem Wohnhaus habe von 9 bis 19 Uhr gedauert, die Staatsanwaltschaft sei nicht die ganze Zeit dabei gewesen, der Sachverständige habe zwei Stunden allein Daten gesichtet und Kopien angefertigt.

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Wie, wann und von wem wurden die Daten vom BVT in die WKStA gebracht?
Foto: APA/Fohringer

Der Abtransport der Daten

Protokoll der Staatsanwältin:

"Um etwa 16.40 Uhr erfolgt der erste Abtransport von sichergestellten Gegenständen, ich begleite den Transport (…) Auf dem Rückweg von der WKStA (etwa 17.30 Uhr) fahren wir zur Wohnadresse (des Journalrichters, Anm.) (…) Anschließend fahren wir zurück zum BVT. (…) Nachdem die letzten Sicherstellungen abgeschlossen sind, fahre ich etwa um 18.40 Uhr mit dem zweiten Transport in die WKStA. (…) Etwa gegen 21.00 Uhr langen die letzten sichergestellten Gegenstände ein."

Dominik S., EGS:

Die meisten Datenträger seien in einen Bus gebracht worden, dieser Bus sei hinter seinem Pkw gefahren, in dem auch die Staatsanwältin gesessen sei.

Gernot S., EGS:

Der Einsatz war für ihn "um circa 17 Uhr vorbei". Man habe der Staatsanwältin die Datenträger im BVT übergeben, dann hätten EGS-Leute die Kartons ins Auto gebracht und in die WKStA transportiert, wo man sie übergeben habe.

Werner K., EGS:

Die Zeitdifferenz zwischen Protokoll der Staatsanwältin und Aussage von S. "kann ich Ihnen nicht erklären".

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Das "Vernehmungstraining"

Gernot S., EGS-Beamter:

Er sei von Experten für Vernehmungstechnik gecoacht worden.

Wolfgang Preiszler, EGS-Einsatzleiter:

Die Schulung hieß "Verhalten vor Gericht", es waren nur EGS-Beamte anwesend, man lernte, dass man "ehrliche, korrekte Antworten" gibt.

Werner K., EGS-Beamter:

Man habe dort "Vernehmungstaktik gelernt und Szenarien durchgespielt", er war "nur der Beschuldigte".

Wolfgang R., EGS:

"Es gab nur methodische Dinge, es wurde nichts inhaltlich zu diesem Fall gesagt."

Gernot S., EGS:

Man "kann nicht sagen", dass mögliche Antworten besprochen wurden, "denn jeder hat andere Antworten, und ich kann glaube ich nicht sagen, wie mein Kollege antwortet".

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

Man hat "natürlich im Rahmen von Kaffeegesprächen" im Vorfeld des U-Ausschusses mit EGS-Kollegen über die Causa gesprochen.

Wolfgang R., EGS:

Die Vertrauensperson hat er "zweimal diese Woche" getroffen, aber "nicht über mögliche Fragen gesprochen". Die Treffen dauerten insgesamt eine Stunde. "Besprochen wurde der Ablauf, also wie die Rahmenbedingungen sind."

Werner K., EGS:

Er traf Preiszler in der Früh vor beider Aussage "in der Kaserne um 7 Uhr, auch S. war dabei". Man habe "herumgewitzelt". Er habe Preiszler auch nach dessen Aussage am Gang gesehen.

Gernot S., EGS:

"Bei uns in der EGS muss man sich das wie bei einer Familie vorstellen, der Herr Oberst (Preiszler, Anm.) kommt oft auf einen Kaffee vorbei, und da wird halt gesprochen."

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Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und sein Generalsekretär Peter Goldgruber.
Foto: APA/Punz

Die fehlende Dokumentation

Wolfgang Preiszler, Einsatzleiter EGS:

"Jede unnötige Dokumentation war zu unterlassen oder eben zu vernichten, wenn sie nicht mehr gebraucht wird" soll ihm Peter Goldgruber gesagt haben. "Es hat geheißen, es ist bei unseren EDV-Systemen nichts zu speichern, nichts einzugeben. Deswegen haben wir ja dann auch diese Berichte für die Frau Staatsanwalt ausgedruckt".

Wolfgang R., EGS:

"Soweit ich weiß, gibt es eine Nachberichtspflicht bei der Polizei", ihm sei aber nichts bekannt. "Bis zum heutigen Tag" gebe es "keine Nachbesprechung".

Gernot S., EGS:

"Bei uns ist das nicht üblich", Sicherstellungslisten vor Ort von der Staatsanwältin unterschreiben zu lassen. Warum andere EGS-Polizisten, die im Büro G. dabei waren, nicht im Sicherstellungsprotokoll eingetragen sind "kann ich jetzt echt nicht sagen".

Werner K., EGS:

Preiszler und die Staatsanwältin haben gesagt, dass "nichts elektronisch zu dokumentieren und abzuspeichern ist". Er habe seine Notizen "nicht vernichtet". (Fabian Schmid, Maria Sterkl, Renate Graber, 22.9.2018)