Martin Staudinger folgt in Vorarlbergs SPÖ auf Gabi Sprickler-Falschlunger.

Foto: Weissengruber

Hohenems – Die Vorarlberger SPÖ hat seit Donnerstag mit Martin Staudinger (39) einen neuen Landesvorsitzenden. Der Leiter des Sozialministeriumservice Vorarlberg wurde beim außerordentlichen Parteitag in Hohenems mit 99,3 Prozent der 138 Stimmen zum Nachfolger von Gabi Sprickler-Falschlunger gewählt.

Als Gastredner hatten sich die Vorarlberger Christian Kern eingeladen, der trotz der Turbulenzen der letzten Tage auch kam. Kern zog Bilanz, nannte die Abschaffung des Pflegeregresses und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen als wichtigste Erfolge. Er zitierte Mitterrand mit den Worten: "Nationalismus endet immer im Krieg". Mit dem "miesen Mob", der sich in Social-Media-Kanälen der FPÖ "auskotzt", ging er hart ins Gericht. Kern: "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Demokratie schleichend, in kleinen Schritten zerstört wird." Hoffnung und Perspektive könne eine offene und progressive linke Europapolitik bringen.

Suppenhühner in der SPÖ

Er habe sich für eine Kandidatur zum Europaparlament entschieden, weil er sich nun auf dieser Ebene für die Werte Solidarität, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit einsetzen wolle, verkündete Kern. Der Übergang sei vollkommen danebengegangen, räumte er ein, bat dafür um Entschuldigung. Und auch für die bewusst falsche Aussage, er würde wieder für den Parteivorsitz kandidieren. Seinen Rücktritt anzukündigen sei in der Politik strategisch falsch.

Zum aktuellen Desaster versuchte er sich in Ironie: Er habe die politischen Akteure immer in Superstars und Suppenhühner eingeteilt, der Großteil der Suppenhühner befinde sich bei der FPÖ, die letzten Tage hätten ihm gezeigt, dass auch in der SPÖ Normalverteilung herrsche.

Staudinger will es wissen

Wie Kern ist auch der neue Vorarlberger SPÖ-Chef kein Oppositionspolitiker. Er sei ein Mann der Sachpolitik, kündigte er an. Und ein Teamarbeiter. Die SPÖ Vorarlberg, 2014 auf 8,7 Prozent gesunken, gelte es stärker zu machen. Öffnung nennt er als Strategie. Ein Beispiel dafür war der Parteitag. Erstmals waren nicht nur Delegierte stimmberechtigt.

Staudinger, zuvor im Kabinett Hundstorfer tätig, kennt die Bundespolitik und war in Wien kommunalpolitisch aktiv. In Vorarlberg ist er Politikneuling. Was die Menschen hier bewegt, versucht er auf bei Befragungen auf der Straße herauszufinden. Dazu stellt er sich selbst hin, seine Mitkämpfer sollen es ihm gleichtun. Sie bekamen beim Parteitag rote Notizbücher zum Festhalten der Rechercheergebnisse. Staudingers Wahlkampfmotto: "Wir wollen's wissen!" (Jutta Berger, 21.9.2018)