Er hat alles, was man von ihm gewohnt ist, und noch einiges mehr. Als der Nissan Leaf 2010 sein Marktdebüt feierte, mussten sich Fahrer von Elektroautos im Alltag noch mit allerlei Widrigkeiten herumschlagen. Wo kann ich das Auto aufladen? Erreiche ich die nächste Ladestation, oder bleibe ich unterwegs hängen? Und was dann?

Optisch macht die zweite Generation des Nissan Leaf einiges her: Die eigenwilligen Rundungen des Vorgängers etwa wurden geglättet.
Foto: Guido Gluschitsch

Das waren Fragen, die einem unweigerlich in den Kopf schossen, wenn man hinter dem Lenkrad eines E-Autos Platz nahm. Seither hat sich viel getan. Der Nissan Leaf der zweiten Generation ist der beste Beweis dafür.

Das Ladekabel, fein säuberlich im Kofferraum verstaut.
Foto: Guido Gluschitsch

Gut, dass es in Österreich mittlerweile ein durchaus ansprechendes Netz an öffentlichen Ladestationen gibt, das jetzt auch in Wien engmaschiger wird, dafür kann der Nippon-Stromer nichts. Hinsichtlich Reichweite sieht das schon anders aus. Für die Neuauflage ihres Erfolgsmodells haben sich die Japaner diesbezüglich einiges einfallen lassen, das Baldrian für strapazierte Nerven ist.

Von Wien nach Krems sind es knapp 80 Kilometer. Macht hin und zurück 160. Mit der ersten Generation des Leaf, des meistverkauften Elektroautos der Welt, war das ohne Ladestopp nicht zu schaffen. Jetzt hingegen geht sich sogar noch ein Abstecher in das 50 km entfernte Zwettl aus, ohne dass auf der Rückfahrt nach Wien Panik ob des dramatisch sinkenden Ladestands ausbricht.

160 Kilometer waren für den ersten Leaf noch ein Problem. Jetzt ist das anders.
Foto: Guido Gluschitsch

Im Praxistest kamen wir auf eine Reichweite von 282 km, haben dabei aber den letzten Saft noch nicht aus der Batterie gepresst und sind auch nicht sonderlich vom Fahrstil abgewichen, den man sich beim Lenken eines herkömmlichen Benziners antrainiert. Eines hat aber sehr wohlgeholfen, die Reichweite trotz hochgeschalteter Klimaanlage (schwitz) zu strecken: das E-Pedal.

E-Pedal spart Energie

Wie zum Beispiel der BMW i3 verfügt der Leaf in zweiter Generation über ein Gas-, pardon: Strompedal, das Beschleunigen und Bremsen vereint. Sobald man den Fuß vom Pedal nimmt, bremst der Wagen bis zum Stillstand ab. Dabei wird reichlich Energie zurückgespeist in die Batterie. Selbst wenn es steil bergauf und dann wieder bergab geht, was nördlich von Krems der Fall sein kann, bleibt der Leaf stehen, ohne dass die Fußbremse betätigt werden muss. Mit per Knopfdruck aktivierbarem E-Pedal lässt sich der Wagen ganz entspannt beschleunigen und bremsen, indem man dosiert einfach mehr oder weniger Gas gibt.

Der Knopf fürs E-Pedal ist gleich beim Schalthebel angebracht.
Foto: Guido Gluschitsch

Das von 30 auf 40 kWh vergrößerte Batteriepaket besteht aus nunmehr 192 Modulen, die Energiedichte wurde um 67 Prozent erhöht – bei gleicher Abmessung. Die Akkus sind im Unterboden des Nissan verbaut und sorgen somit für einen niedrigen Schwerpunkt. Das wirkt sich positiv auf die Fahr- und Handlingeigenschaften des Wagens aus. Schnellladen mit 50 kW dauert etwa 40 Minuten, wenn einem 80 Prozent Ladestand reichen. An der Haushaltssteckdose dauert es mehr als eine Winternacht – 16 Stunden. Dann ist die Batterie aber auch zu 100 Prozent geladen.

Das Cockpit des Leaf.
Foto: Guido Gluschitsch

Hilfreich ist der teilautonome Propilot, der automatisch den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug reguliert und dafür sorgt, dass der Stromer Spur hält. Das System mit Geschwindigkeits- und Abstandsassistent bremst bei Bedarf bis zum Stillstand ab. Fährt man länger als 30 Sekunden ohne Lenkradberührung, wird man zunächst sanft, dann heftiger ermahnt, die Steuerung zu übernehmen. Wenn nicht, bremst der Wagen automatisch und ziemlich heftig ab, bis er steht.

Den teilautonomen Propilot aktiviert man über den blauen Knopf am Lenkrad.
Foto: Guido Gluschitsch

Optisch wirkt der Nissan-Stromer in zweiter Generation deutlich gefälliger und dynamischer als sein Vorgänger. Was allerdings nervt, ist das Navi. Nicht nur die Darstellung der Route hinkt optisch hinterher, auch die Ansagen kommen schleppend und manchmal schlicht zu spät. (Günther Strobl, 27.9.2018)