Hookipa hat es bei Mäusen bereits geschafft, Tumore nachhaltig verschwinden zu lassen. Ob und wie gut die Methode bei Menschen funktioniert, wird gerade erforscht.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Wien – Krebs, Hepatitis B, Aids – medizinische Tiefschläge, ohne die die Menschheit gut zurechtkäme. Das Wiener Biotechnologieunternehmen Hookipa hat eine Methode entwickelt, die im Kampf gegen Infektions- und Tumorerkrankungen künftig eine hilfreiche Rolle spielen könnte. Erkennt das menschliche Immunsystem einen Schadstoff im Körper, beseitigt es diesen üblicherweise von selbst, zum Beispiel durch Fieber. Die erhöhte Körpertemperatur lässt einen Virus nicht überleben. Bei Tumoren oder schwerwiegenden Infektionen muss eine Immunreaktion jedoch gezielt eingeleitet werden, da es der Körper von allein nicht schafft.

Hier kommt Hookipa ins Spiel. Killerzellen, auch T-Zellen genannt, sind im Körper vorhanden und vernichten schädliche Zellen. Sie müssen jedoch aktiviert und dazu gebracht werden, nach Schadstoffen zu suchen. "Wir fügen dem Körper einen genetisch modifizierten Virus zu, das Killerzellen beibringt, Tumoren zu zerstören. Das ist sozusagen Virus-Engineering", erklärt Jörn Aldag, Geschäftsführer von Hookipa. Die ursprünglich negativen Eigenschaften des eingesetzten Virus würden um die notwendigen Aktivierungsinformation ergänzt.

Potente Geldgeber

Hookipa bewegt sich in einem hochkomplexen und sehr kapitalintensiven Forschungsumfeld. Das wissen auch Investoren. Dementsprechend sieht die Zahlungsbereitschaft aus. Seit der Gründung 2011 hat Hookipa Finanzmittel in der Höhe von 95 Millionen Euro gesammelt – 50 Millionen davon auf einen Schlag im Dezember 2017. Unter den Geldgebern finden sich prominente Firmennamen wie Boehringer Ingelheim und Takeda. Im Juni startete eine Kooperation mit der US-amerikanischen Pharma- und Biotechnologiefirma Gilead. Diese beinhaltet Meilensteinzahlungen im Wert von 400 Millionen Euro, verteilt über die kommenden acht bis zehn Jahre. Vorausgesetzt, es werden entsprechende Ziele im Kampf gegen HIV und Hepatitis B erzielt. Schaffen es die Produkte auf den Markt, erhält Hookipa eine Umsatzbeteiligung.

Ohne derartiges Kapital könnte ein Biotech-Unternehmen nicht arbeiten, den wahren Wert der Firma ortet der Geschäftsführer jedoch woanders: "Meine wichtigste Aufgabe ist es, die Mitarbeiter zu halten. Sie haben das Wissen, um das Produkt weiterzuentwickeln. Wenn die Leute nicht mehr kämen, könnten wir zusperren. Selbst wenn es ein paar wertvolle Patente gäbe."

Erfolge in der Forschung

Wo steht Hookipa nun in der Forschung? "Wir haben beim Cytomegalovirus bereits bewiesen, dass unsere Methode funktioniert und die T-Zellen aktiviert werden", sagt Aldag. Der Cytomegalovirus kann bei Organtransplantationen und Geburten sehr gefährlich für den Menschen sein. Ob die Zellen auch stark genug sind, um einen Tumor bei einem Menschen zu zerstören, ist allerdings noch unklar. Das werde gerade getestet. Erfolgreich verliefen die Tests bei kleinen Tieren. "Bei Mäusen mit Tumoren so groß wie deren eigener Oberkörper ließ sich der Tumor beseitigen. Wir fügten der Maus erneut Tumorzellen zu, doch es wuchs nichts mehr nach. Das Immunsystem hat sich erinnert und die Zellen sofort zerstört", erklärt Aldag.

Zwar gibt es auf der hawaiianischen Insel Maui einen berühmten Surfspot mit dem Namen Ho'okipa, gegründet wurde das Unternehmen jedoch in Wien vom Schweizer Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel. Dieser wandte den nun eingesetzten Virus immer wieder an, um bestimmte Reaktionen im Körper hervorzurufen. Er wählte Wien, weil die österreichische Hauptstadt weltweit zu den Topadressen zählt, was die Forschung am Immunsystem und Immunisierungstechnologien angeht.

Unternehmerische Herausforderung

Es ist das Wechselspiel zwischen Finanzierung und Forschung, das Lifescience-Unternehmen Mühe bereitet. Wer nur gute Forschung hat, kommt nicht weit. Dasselbe gilt für Geld. Üblicherweise sind die Ausfallraten von der Idee bis zum Produkt relativ hoch. Zur richtigen Zeit Investoren zu finden und ebenso zur richtigen Zeit Forschungsergebnisse präsentieren – diese Balance muss die Geschäftsführung halten.

Hookipa wächst dynamisch, innerhalb der vergangenen 18 Monate zum Beispiel von 25 auf 65 Mitarbeiter. Immer wieder fällt der Terminus Start-up im selben Atemzug mit dem Firmennamen und auch in diversten Start-up-Statistiken taucht Hookipa auf. Aldag selbst sieht sich den Start-up-Schuhen entwachsen: "Wir sind viel stabiler als ein klassisches Start-up. Mit derartigen Geldgebern, unseren Strukturen und den Niederlassungen in Wien und New York kann man das nicht mehr mit dem Entwickeln einer App vergleichen. (Andreas Danzer, 23.9.2018)