Im slowenischen Gornja Radgona enden die Schienen nur wenige Meter vom Murufer entfernt in einem Erdhügel, unter dem sich Reste der alten Brückenkonstruktion verbergen.

Foto: Andreas Stangl
Foto: Andreas Stangl

Einst konnte man von Graz aus mit dem Zug ins Herz der Windischen Bühel, Slovenske Gorice, fahren. Seit 1945 endet die ursprüngliche Strecke bis nach Ljutomer (damals auf Deutsch auch Luttenberg) unvermittelt: von Spielfeld kommend in Bad Radkersburg und von Süden kommend in Gornja Radgona (Oberradkersburg). Zu verdanken ist die Lücke Soldaten der deutschen Wehrmacht, die Ende des Zweiten Weltkrieges versuchten, die Rote Armee aufzuhalten, indem sie die Übergänge über die Mur sprengten. Während die Straßenbrücke von Radkersburg wiederaufgebaut wurde, sind die beiden unfreiwilligen Endbahnhöfe zu einer Art Dornröschenschlaf verurteilt.

Auf österreichischer Seite gibt es zwischen Graz und Bad Radkersburg regelmäßigen Personenverkehr in Form der in den steirischen Verkehrsverbund integrierten Linie S 51. Aber die Aus lastung ist mäßig, und trotz gegenteiliger Beteuerungen seitens der ÖBB und der Politik gibt es in der Region Befürchtungen, die Bahn werde irgendwann dennoch dem Sparstift zum Opfer fallen.

Gleise ins Nichts

Auf dem slowenischen Abschnitt zwischen Gornja Radgona und Ljutomer verkehren bedarfsmäßig Güterzüge – im Schnitt sind es zwei pro Woche. Der im k. u. k. Stil erhaltene Bahnhof von Gornja Radgona beherbergt zurzeit einen Friseur und einen Bioladen. Die Infrastruktur des Bahnhofs ist jedoch noch weitgehend intakt. Auch das Stationsschild "Gornja Radgona" hängt wie eh und je an seinem Platz.

Die Geleise enden kurz nach dem jeweiligen Bahnhof im Nichts. In Radkersburg verschwinden sie kurz nach der Kreuzung mit einer Landstraße einfach im Gestrüpp, auf der slowenischen Seite führen die Schienen bis dicht an die Mur heran. Dort bricht die Strecke auf einem Rest der amputierten Rampe zur nicht mehr vorhandenen Brücke jäh ab. Zwischen den beiden Enden klafft eine rund zweieinhalb Kilometer lange Lücke. Von der Brücke selbst kann man bei niedrigem Wasserstand vom Ufer aus noch Reste eines Pfeilers erspähen.

Initiative für Lückenschluss

In der Region gibt es seit einigen Jahren verstärkt Initiativen, die Lücke in der grenzüberschreitenden Bahnlinie zu schließen. Laut einer vor dreieinhalb Jahren veröffentlichten Machbarkeitsstudie könnten schon mit einer Summe von 20 Millionen Euro eine neue Brücke gebaut, die abgetragenen Schienenkilometer ergänzt, eine Zusatzhaltestelle bei der Landesberufsschule Bad Radkersburg neu errichtet und alle notwendigen Bahnübergänge hergestellt werden. Die Studie bescheinigte bei entsprechender Fahrplandichte ein beträchtliches Potenzial an Pendlern für den Personenverkehr.

Nach einem steirischen Landtagsbeschluss im Jänner 2016 bestellten die ÖBB eine weitere Expertise. Diese ist dem Vernehmen nach längst fertig, wurde von den ÖBB aber bis dato nicht veröffentlicht. Armin Klein, Obmann des Vereins Neue Radkersburger Bahn, vermutet, dass die Bahngesellschaft kein echtes Interesse an einer Revitalisierung der Verbindung hat. Seitens der ÖBB hieß es 2017 inoffiziell, das Projekt sei weiterhin eine "Option", jedoch hätten andere Projekte Vorrang. Insbesondere der Vollausbau der Bahn nach Koper – zu dem für die österreichische Wirtschaft heute wichtigsten Hafen an der oberen Adria – genieße absolute Priorität.

Slowenien wäre am Zug

Im Juni dieses Jahres wurde im Rahmen einer bilateralen Konferenz der regionalen Bürgermeister beiderseits der Grenze in Gornja Radgona das Bekenntnis der Gemeinden zur Wiederherstellung einer durchgehenden Bahnverbindung bekräftigt. Derzeit hängt das Projekt aber in erster Linie von der slowenischen Regierung ab. Nur diese kann die notwendige EU-Förderung erwirken. Bisher waren die Signale aus Ljubljana nicht allzu enthusiastisch. Nun dürfte aber wieder auf österreichischer Seite Bewegung in die Brückenpläne beider Länder gekommen sein. Der Bürgermeister von Radkersburg, Heinrich Schmidlechner, und der ebenfalls in Sachen Lückenschluss aktive ÖVP-Landesrat Anton Gangl zeigen sich jedenfalls optimistisch, dass sich in den kommenden Monaten eine neue Perspektive eröffnen könnte. Vielleicht ist es in Bad Radkersburg doch bald vorbei mit dem Dornröschenschlaf der Bahn. (Andreas Stangl, 24.9.2018)