Mit den vorgesehenen Mittelkürzungen eckt die EU-Kommission bei Österreichs Landwirten an.

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Nach dem heurigen Hitzesommer wollen heimische Landwirte nicht auch noch finanziell ausgetrocknet werden. Ein EU-Kommissionsvorschlag sieht genau dies vor, nämlich Einschnitte beim Agrarbudget, das auch am Dienstag beim informellen Agrarministerrat im niederösterreichischen Schloss Hof thematisiert wird. Die Landwirtschaftskammer Österreich hat sich schon gegen drohende Mittelkürzungen in Stellung gebracht. Präsident Josef Moosbrugger sieht Österreich als "großen Verlierer" der gemeinsamen Agrarpolitik, sollten die vorgesehenen Einschnitte im EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 Wirklichkeit werden.

Besonders Mittelkürzungen für die ländliche Entwicklung stoßen Moosbrugger sauer auf. Österreich sieht sich als größter Leistungserbringer der Union in diesem Bereich, der auf Umwelt-, Tier- und Klimaschutz oder die Erhaltung der biologischen Vielfalt abzielt. Die Kammer verweist darauf, dass im EU-Mittel bloß 20 Prozent des Budgets für Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für ländliche Entwicklung ausgegeben würden, in Österreich jedoch rund zwei Drittel. Moosbrugger will die drohenden "radikalen Kürzungen" daher nicht hinnehmen.

Fünf Prozent weniger

Der Kommission schwebt eine Reduktion des GAP-Budgets im nächsten Finanzrahmen um fünf Prozent auf 365 Milliarden Euro vor. Davon sollen 265 Milliarden in Direktzahlungen, 79 Milliarden in die Entwicklung des ländlichen Raums und der Rest in Marktunterstützung fließen. Wohl wird das GAP-Budget Thema in Schloss Hof sein, festgezurrt werden soll der Finanzrahmen erst von den Regierungschefs, möglichst noch vor der Europawahl im Mai 2019.

Franz Reisecker, Kammerpräsident in Oberösterreich und Vize des europäischen Bauernverbandes Copa, fordert Nachbesserungen: Die überproportionale Kürzung von mehr als 15 Prozent in der ländlichen Entwicklung würde "gerade die Bergbauern, die Biobauern und alle Betriebe mit ökologischer und nachhaltiger Bewirtschaftung massiv treffen", warnt Reisecker. Grundsätzlich offen steht er der Absicht der Kommission gegenüber, Staaten künftig mehr Möglichkeiten bei der Ausgestaltung der GAP einzuräumen – kritisiert aber am konkreten Vorschlag, dass es "keine wirklichen Spielräume" geben werde.

Studie sieht "Wettlauf nach unten"

Just nationale Freiräume sieht Friedrich Heinemann vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung sehr skeptisch: "Dann setzt ein Wettlauf nach unten ein", verweist er im Gespräch mit dem STANDARD auf eine gemeinsame Studie mit der Bertelsmann-Stiftung. Kein Land könne sich dann leisten, seinen Bauern strengere Regeln als andere aufzuerlegen.

Generell lässt die Studie kein gutes Haar an den geplanten 265 Milliarden Euro an Direktzahlungen: Da sich das Instrument ohne Bedarfsprüfung nur nach der Größe der Fläche richte, sei es ungeeignet und lasse sich sozialpolitisch nicht rechtfertigen. Einkommenssicherung für Landwirte sollte nicht in Brüssel geregelt werden.

Heinemann bringt stattdessen eine "Preis-Leistungs-Logik" ins Spiel: "Bauern dürfen das Geld nur erhalten, wenn sie nachweislich Öko- oder Tierschutzleistungen über den Mindeststandards erbringen." Dies müsste freilich auch dokumentiert werden, daher räumt Heinemann einen Mehraufwand für Bauern und Behörden ein, betont jedoch: "Europa bekommt auch etwas dafür." (Alexander Hahn, 24.9.2018)