Wien – "Grünen-Politiker in Salzburger Gipfel-Randale" titelte krone.at am Freitag und zeigte dazu auf der Startseite ein Foto, auf dem Michel Reimon, EU-Abgeordneter der Grünen, und ein Polizist zu sehen sind. Der Anlass war die Demonstration gegen den EU-Gipfel in Salzburg, die zum Schluss eskaliert ist. Reimon geriet zwischen die Fronten, als er zwischen Demoteilnehmern und der Polizei vermitteln wollte. Bei einem Schlag eines Polizisten wurde er leicht verletzt. Der Polizist habe sich dafür entschuldigt, Reimon erstattet keine Anzeige, berichtete der "Kurier".

Auf dem Bild von krone.at zum Vorfall stehen im Hintergrund schwarz vermummte Personen mit Transparenten. Reimons schwarzes Sakko wurde mit einem orangen Anstrich versehen. Das ist jene Farbe, die auf den Transparenten zu sehen ist. Dass es sich um eine Fotomontage handelt – oder womöglich ein Fehlersuchbild – war nicht ersichtlich – weder auf der Startseite von krone.at noch auf Twitter.

Foto: Screenshot Twitter/krone.at

Auf STANDARD-Anfrage sagt Michel Reimon, dass er aufgrund des Fotos rechtliche Schritte gegen krone.at erwäge: "Dass die 'Krone' mit fast allen Mitteln Stimmung macht, wissen wir ja, aber eine liberal verstandene Pressefreiheit gilt eben auch für das allerunterste Niveau. Ich lasse prüfen, ob wir uns hier noch im Keller oder schon in der Jauchegrube befinden. Wenn man die 'Krone' dafür klagen kann, ohne die Grenzen der Pressefreiheit zu verschieben, mach ich das mit Vergnügen."

Das Originalfoto:

Kein Problem sieht hingegen krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt: Dass es sich um eine "Bild-Collage" handle, sei "ziemlich klar" erkennbar. Collagen seien auf krone.at keine Seltenheit, und: "Das Foto, das die aggressive Handlung des grünen EU-Abgeordneten Reimon gegenüber einen Polizisten zeigt, wurde nicht bearbeitet", so Schmitt zum STANDARD: "Als Hintergrund verwendete unser Grafiker ein Foto von der aktuellen Demonstration in Salzburg, an der Reimon nachweislich teilgenommen hat."

Warum Reimon orange eingefärbt wurde, erklärt Schmitt so: Das Twitter-Foto mit geradem Schnitt hätte zu weit rechts aufgehört, so wurde der Hintergrund für die Collage auf der Startseite "unter der massiven Titelschrift verwischt". Jetzt sei ihm auch klar geworden, "warum böswillige Menschen meinen, dass wir Reimon orange gekleidet hätten". Die Grafik-Abteilung bedauere das.

Schmitt verteidigte das Vorgehen bereits zuvor auf Twitter mit den Worten: "Was ist da "Fake"? Da nennt man Collage, er steht genauso eng wie am Original. Ein bisserl vorsichtiger sein, danke."

Auf Twitter weist STANDARD-Fotograf Matthias Cremer darauf hin, dass die "Kronen Zeitung" bereits einmal ein Demofoto in ein anderes Licht gerückt habe.

(omark, 23.9.2018)