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Chuck Grassley gilt als fairer Hardliner.

Foto: Reuters/Joshua Roberts

Chuck Grassley wurde in den vergangenen Tagen zunehmend ungeduldig. "Es ist nicht meine Art, unentschlossen zu sein", twitterte der 85-jährige US-Senator aus Iowa am Freitag. Aber Christine Blasey Ford habe die Entscheidung darüber, ob sie nun vor dem Senat zu ihren Vorwürfen gegen Richterkandidat Brett Kavanaugh aussagen würde oder nicht, immer wieder verschoben. Die Professorin wirft Kavanaugh eine versuchte Vergewaltigung in den 1980er-Jahren vor.

Als Vorsitzender des Justizausschusses im US-Senat steht der alt gediente Republikaner Grassley zum Ende seiner Karriere vielleicht vor seinem größten Dilemma. Einerseits muss er Sensibilität im Umgang mit einem mutmaßlichen Opfer sexueller Gewalt beweisen. Andererseits ist der Beschuldigte der Wunschkandidat von Donald Trump für das höchste Richteramt in den USA. Eine Desavouierung Kavanaughs wäre kurz vor den Midterms eine Katastrophe für die Republikaner und den Präsidenten.

Hardliner

Geboren wurde Grassley 1933 in Iowa als Sohn von Bauern. Nach Tätigkeiten als Blechschneider und Akkordarbeiter schlug er nach einem abgebrochenen Doktoratsstudium die politische Laufbahn ein. 1980 schaffte er den Einzug in den Senat. Er gilt als griesgrämig, ist Freimaurer und Baptist. Der Vater von fünf Kindern vertritt Hardliner-Positionen, ist Abtreibungsgegner; die Waffenlobby NRA gibt ihm A-Ratings, er zeigt sich besorgt über die Überregulierung im Zuge von Klimaschutzmaßnahmen.

Aber Grassley hat sich auch einen Ruf der Fairness erarbeitet: Mit politischen Gegnern geht er anständig um, und er kooperiert auch schon mal mit liberalen Demokraten, etwa als es um den Umgang mit sexuellen Übergriffen beim Militär ging. Auch setzt er sich für den Schutz von Whistleblowern ein. Seine Homepage hat einen digitalen Briefkasten für anonyme Hinweise. Mit dem "Con gressional Accountability Act" setzte er 1995 noch heute geltende Rahmenbedingungen für den Umgang mit Fehlverhalten am Arbeitsplatz. Noch am Mittwoch appellierte er an alle Seiten, Fords Fall mit der Sensibilität zu behandeln, die er verdiene.

Doch an den Folgetagen machte er zunehmend Druck. "Fünfmal haben wir Frau Ford nun Aufschub gewährt", twitterte er am Freitag. Er wolle endlich weitermachen. Dass der Ausgang des Falles nicht nur über sein persönliches Erbe entscheidet, sondern auch zukunftsweisend für sein Land ist, weiß er.. (Anna Sawerthal, 23.9.2018)