Geschlechtsspezifische Zuschreibungen: Eine Frau, die Karriere will, könnte mal Kinder kriegen.

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Eine Frau, die keine Macht anstrebt, ist passiv. Eine Frau, die Macht anstrebt, ist verkrampft und bissig.

Eine Frau, die weiß, was sie vom Leben will, ist bossy. Eine Frau, die sich einfach nur treiben lässt, ist verantwortungslos.

Eine Frau, die Kinder hat, kann keine Karriere wollen, sonst hätte sie keine. Eine Frau, die Karriere will, könnte mal Kinder kriegen und sollte lieber von Männern ausgebremst werden, auf deren mögliche Lendenfrüchte eine weitere Frau aufpassen wird.

Eine Frau, die beschließt, keine fixe Partnerschaft einzugehen, hat einfach keinen abbekommen. Eine Frau, die sich gleich mehrere Lover leistet, ist eine ungezügelte Schlampe.

Eine Frau, die sich laut äußert, ist frustriert und hysterisch. Eine Frau, die sich nicht laut äußert, ist frustriert und feige.

Eine Frau, die unter schwierigen Bedingungen eine leitende Funktion antritt, ist eine Notlösung. Ein Mann in ähnlicher Situation ist ein erfrischend charismatischer Messias.

Eine Frau, die auf dem politischen Parkett ein Risiko eingeht, ist offenbar zu naiv, es richtig einzuschätzen. Ein Mann, der dasselbe Risiko eingeht, ist offenbar wagemutig.

Um diese Zuschreibungen zu überwinden, bedarf es einer ungeheuren Anstrengung. Aber irgendwo zwischen diesen Zuordnungen liegt der Weg hinaus, in ein Miteinander, das auf Gleichwertigkeit aufbaut. (Julya Rabinowich, 23.9.2018)