Wien – Aufgrund unzähliger Postings auf Facebook, u.a. mit Hitlergruß, ist ein 21-Jähriger am Montag am Wiener Landesgericht wegen Wiederbetätigung zu einem Jahr Gefängnis, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden. Zudem muss er Kurse, u.a. beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands, absolvieren.

Obwohl seine eigene Mutter aus dem Ausland stammt, hatte sich ein 21-Jähriger offenbar derart mit dem Nationalsozialismus verbunden gefühlt, dass er im Vorjahr zahlreiche einschlägige Einträge im Internet gepostet hatte, weshalb gegen ihn ermittelt wurde. Bevor hier eine Hausdurchsuchung durchgeführt wurde, klopfte bereits im Juni 2017 die WEGA bei seiner Wohnung in Favoriten an. Der junge Mann hatte nämlich mit einem Freund auf dem Balkon reichlich Alkohol konsumiert und mit einer Schreckschusspistole gefeuert.

Hitler-Büste in der Wohnung

Die Beamten staunten nicht schlecht, als sie die Wohnung betraten: Reichskriegsflaggen und Nazi-Plakate "zierten" u.a. die Wände, eine Hakenkreuzflagge fand als Tischtuch auf dem Balkon Verwendung und eine Hitler-Büste vervollständigte die Sammlung des 21-Jährigen, der derzeit als Milizsoldat beim Bundesheer Dienst verrichtet und Berufssoldat werden möchte. "Wissen Sie, wer Alfred Adler war?, wollte der beisitzende Richter Norbert Gerstberger wissen. – "Nein." – "Das ist der jüdische Begründer der Individualpsychologie. Der würde sich im Grab umdrehen, dass in der nach ihm benannten Straße ein kleiner Nazi sitzt."

Er habe nichts gegen Juden, meinte der Angeklagte, der voll geständig war. Mittlerweile sei er geläutert. Er habe aber schlechte Erfahrungen mit Ausländern gemacht, sei vom Militär und der Ordnung im Dritten Reich fasziniert gewesen. Ebenso habe ihn das Verbotene gereizt. Und nicht zuletzt hätte er bei Facebook Bestätigung für seine einschlägigen Postings bekommen.

In Geschichte nur bis zur französischen Revolution gekommen

"Haben Sie in der Schule nichts über den Holocaust und die Massenmorde gelernt?", wunderte sich der vorsitzende Richter, Andreas Hautz. "Wir sind nur bis zur Französischen Revolution gekommen", behauptete der in der sechsten Klasse vom Gymnasium abgegangene Beschuldigte. Das konnte Gerstberger unter Hinweis auf den Lehrplan, der in der vierten Klasse Zeitgeschichte vorsieht, nicht recht glauben.

Mittlerweile habe er sich durch Dokumentationen besser informiert. Damals sei er vom Militär des Deutschen Reichs fasziniert gewesen. "Was ist so heldenhaft, wenn man unbewaffnete Frauen und Kinder in eine Grube führt, sie ausziehen lässt und dann ermordet?", wunderte sich Gerstberger. "Wie kann man sich geistig so verirren?"

Gezielte Propaganda

Die Staatsanwältin würdigte in ihrem Plädoyer zwar das Geständnis und dass er die Verantwortung übernehme, doch sei ihrer Meinung nach der Vorsatz der Wiederbetätigung gegeben. "Was ist das anderes als gezielte Propaganda?" Verteidigerin Astrid Wagner forderte trotz des Geständnisses einen Freispruch, bat aber bei einem Schuldspruch um eine milde Strafe für ihren Mandanten, der sich nicht durch besondere Reife ausgezeichnet habe.

"Wir haben den Glauben und die Hoffnung, dass Sie sich von dieser Überzeugung mittlerweile abgewandt haben", sagte Hautz. Den zahlreichen Verbrechen stünden u.a. das Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit als mildernde Umstände entgegen. "Bei einem Strafrahmen von Null bis zehn Jahren war es nicht notwendig, Sie einzusperren." Der 21-Jährige erbat sich drei Tage Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil vorerst nicht rechtskräftig ist. (APA, 24.9.2018)