Hunderte Menschen demonstrierten am Sonntagabend in Lienz ihren Unmut über die geplante Abschiebung der Familie.

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Lienz – Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat die Entscheidung des Gerichts umzusetzen und zu vollziehen, hieß es aus dem Innenministerium. Damit war das Schicksal der fünfköpfigen, aus Dagestan stammenden Familie Magomedov, die seit 2013 in Lienz in Osttirol lebt, besiegelt. Vater, Mutter und die drei Kinder sollten am Dienstag in ihr Heimatland abgeschoben werden. Der Antrag der Familie auf humanitäres Bleiberecht wurde am vergangenen Freitag abgelehnt.

Videobericht der Lienzer Plattform "Dolomitenstadt" zum Lichtermeer am Sonntag.
dolomitenstadt

Seit Februar stützten sich alle Hoffnungen der Familie auf diesen Bleiberechtsantrag – denn ihr Asylantrag wurde bereits zuvor rechtskräftig abgelehnt. Der Familienvater hatte als Fluchtgrund angegeben, Zeuge eines Mordes des russischen Inlandsgeheimdiensts geworden zu sein, woraufhin er selbst ins Visier der Täter geraten sei.

Vater am Dienstagmittag abgeschoben

Seit seiner Festnahme am vergangenen Mittwoch saß der Familienvater Magomed Magomedov in Wien in Schubhaft. Von dort wurde er am Dienstagmittag nach Russland deportiert. Die beim Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Beschwerde gegen diese Maßnahme wurde bis dato nicht behandelt, eine aufschiebende Wirkung für die Behörden entstand daraus jedoch nicht. Die Unterstützer der Familie, etwa der Anwalt Sepp Brugger, zeigen sich ob dieses Vorgehens tief enttäuscht: "Die Familie kostete den Staat keinen Cent, ein Pate bezahlte sämtliche Kosten. Sie waren bestens integriert."

Die Deportation sei für die Familie eine Tragödie, sagt Brugger. Die Mutter und die Tochter seien seit längerem wegen psychischer Probleme in Behandlung, ebenso wie der Vater. Wo sich die drei Mädchen und die Frau, die der Aufforderung, sich bis heute in Wien einzufinden, nicht nachgekommen war, jetzt befinden, wisse er nicht, sagt Brugger. Er hoffe aber, das Bundesverwaltungsgericht würde nun schnell entscheiden, um ihnen die Abschiebung noch zu ersparen.

Gemeinderat sprach sich für Bleiberecht aus

Obwohl ihr Asylantrag negativ beschieden worden war, kämpften die Magomedovs, unterstützt vom Lienzer Gemeinderat, der sich mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ geschlossen für ein Bleiberecht ausgesprochen hatte, seit Monaten darum, in Osttirol bleiben zu können.

Zuletzt hatte sich sogar der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler für die Familie starkgemacht und das Innenministerium gebeten, Milde walten zu lassen. Selbst die Tiroler Landesregierung befasste sich mit dem Fall, konnte aber mangels Zuständigkeit nicht eingreifen.

Maßnahmenbeschwerde eingebracht

Vergangene Woche wurde der Familienvater nun verhaftet und in Schubhaft nach Wien verbracht. Dagegen lief noch eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht, da diese Maßnahme gesetzt wurde, bevor über den Bleiberechtsantrag entschieden wurde. Die Anwältin des Mannes, Sabine Danler-Brunner, erklärt, dass sie "verwundert" sei über die Art und Weise, wie der Fall nun abgehandelt wird.

So habe man im Bundesverwaltungsgericht, das über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde entscheiden soll, den Akt erst am Montag erhalten. Am Dienstag sollte der Familienvater aber schon abgeschoben werden. Der Schubhaftbescheid selbst wurde am Freitag vor einer Woche erst abends nach Büroschluss zugestellt, sodass es der Anwältin nicht mehr möglich war, den Code zur Öffnung des Bescheids telefonisch zu beantragen, bevor ihr Mandant Montagfrüh festgenommen wurde.

Unverständnis in Lienz

In Lienz genoss die Familie großen Rückhalt in der Bevölkerung. Am Sonntagabend kamen mehrere Hundert Osttiroler zu einem Lichtermeer im Stadtzentrum zusammen, um gegen die geplante Abschiebung zu protestierten. Die Unterstützer, allen voran die Lienzer SPÖ-Bürgermeisterin Elisabeth Blanik, verstehen nicht, warum der Bleiberechtsantrag abgelehnt wurde. Denn neben einer Patenschaft, in deren Rahmen Unterhalts- und Versicherungskosten für die Familie Magomedov übernommen wurden, gibt es fixe Jobzusagen für den Vater, sobald er arbeiten dürfte. (Steffen Arora, 25.9.2018)