Wien – Die Welt ist traurig, das Leben sinnlos. Der Herbst kommt, der Herbst des Lebens. Das Licht wird fahl, die Knochen morsch. Es geht zu Ende. Da kann man schon einmal aus lauter Schwermut so sehr Trübsal blasen, dass die Galle schwarz wird. Kein Wunder, dass der rumänische Kulturpessimist E. M. Cioran einst das Urteil fällte: "In einer Welt ohne Melancholie würden die Nachtigallen anfangen zu rülpsen."

Ihre Band heißt Die Heiterkeit. Aber das ist bei Stella Sommer ironisch zu verstehen.
Foto: Manuel Gehrke

Es handelt sich dabei um den Leitsatz des von der Wiener Schule für Dichtung veranstalteten Festivals "Melancholie im September". Hier werden kommenden Freitag und Samstag im Schauspielhaus unter anderem der deutsche Universalgelehrte Johannes Ullmaier oder der mit seinem vom Burgtheater adaptierten autobiografischen Roman Die Welt im Rücken bekannt gewordene Thomas Melle zu Themen wie "Inspiration und Verzweiflung, Widerstand und Kapitulation, unerschütterliches Phlegma und tiefste Depression" referieren.

Auch musikalisch wird man dem Schicksal probesitzen. "Hier kommt die Kälte" sang Stella Sommer 2016 auf Pop & Tod I + II. Mit ihrer ausgerechnet Die Heiterkeit benannten Hamburger Band schuf sie damit ein erdschweres Konzeptalbum über die letzten Dinge. Bei aller Jugend der beteiligten Musikerinnen entstanden so schwarzromantische (und immer auch augenzwinkernde) Manifeste der Einsamkeit, des Verfalls, des Sterbens.

Richtig runterziehen

In The End heißt es: "Wenn es so weit ist, werden wir es wissen / Es wird in Ordnung sein." Himmel hilf, kann mir jemand sagen, wo mein letztes Hemd ist?! Speziell Liveauftritte von Die Heiterkeit konnten einen ordentlich runterziehen oder hinaus aus dem Saal treiben, um dort noch das letzte Tageslicht vor der ewigen Finsternis zu erhaschen.

Stella Sommer mit "Collapse/Collapsing" vom Album "13 Kinds of Happiness".
Stella Sommer

Diesen Sommer hat Stella Sommer ihr Soloalbum 13 Kinds of Happiness veröffentlicht. Was bei Die Heiterkeit begonnen wurde, wird nun auf Englisch und musikalisch im Stile alter Poptragöden aus den 1960er-Jahren wie Scott Walker (inklusive einer Prise Lee Hazlewood mit Nancy Sinatra), im Geiste der großen deutschen, mit ebenso pathetischer wie gebrochener Grabesstimme singenden Chanteuse Nico fortgeführt.

Auch im Ausland sollen die Leute wissen, dass die Welt nur ein Sprungbrett ins Nichts ist: "We love you to death." Ach ja, gelacht wird bei diesem Totentanz natürlich auch. Aber nicht zu ebener Erde. (Christian Schachinger, 26.9.2018)