Donatella Versace übergibt das Zepter um 1,8 Milliarden Euro an Michael Kors.

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Der Verkauf des Mailänder Modehauses Versace an Michael Kors ist offiziell. Der Deal bringt Italiens Luxusmode ins Visier der internationalen Finanzwelt. Denn auch bei Trussardi, Salvatore Ferragamo und Roberto Cavalli werden Übernahmegerüchte immer lauter. Bei den jüngsten Veräußerungen in der Modewelt, etwa des Kaschmirherstellers Loro Piano wie auch des Hauses Versace, handelt es sich keineswegs um einen Ausverkauf. Denn es wurde das 2,7- bis 2,8-Fache des Umsatzes bezahlt.

Das Bieterrennen um Versace machte der US-Popmodeunternehmer Michael Kors. Er bezahlte 1,83 Milliarden Euro für den erst wieder 2017 in die Gewinnzone (17 Millionen Euro) geratenen Konzern. Für die beiden französischen Rivalen LVMH und Kering, die ebenfalls um Versace ritterten, war dieser Preis zu hoch.

Angeblich will Kors nach dem Kauf des Londoner Schuhherstellers Jimmy Choo für eine Milliarde Euro eine internationale Popmodegruppe aufbauen. Die Schwester des 1997 ermordeten Konzerngründers Gianni Versace, Donatella, und deren Tochter Allegra, mit gemeinsam 70 Prozent der Anteile an der Versace-Dachholding, werden Minderheitsaktionäre des neuen Konzerns. Der US-Fonds Blackstone und Giannis Bruder Santo steigen aus.

Für Trussardi sollen sich nationale und internationale Finanzinvestoren interessieren. Bei Salvatore Ferragamo könnte wiederum der chinesische Aktionär Majestic Honor Ltd. die zehnprozentige Beteiligung weiter aufstocken. Der italienische Staatsfonds FSI hat sich erst kürzlich beim Modekonzern Missoni eingekauft. Unter dem Strich sind bereits 40 Prozent aller italienischen Modeunternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro unter ausländischer Kontrolle.

Fehlende Kapitalkraft

Die Gründe für den Übernahmeboom italienischer Luxus- und Modeanbieter sind vielfältig. Der Großteil der italienischen Unternehmen der Branche sind kleine Familienbetriebe mit wenig Kapital. Dieses ist aber notwendig, um die nötigen Investitionen in Digitalisierung, Social-Media-Aktivitäten und neue Flagshipstores zu stemmen.

Die größten italienischen Unternehmen der Branche, Armani und Prada, erzielen Jahresumsätze von zwei bis vier Milliarden Euro und sind im Vergleich zur französischen LVMH (43 Milliarden Euro) oder Kering (15 Milliarden Euro) Zwerge.

Es gibt aber auch Beispiele für jüngst erfolgreiche italienische Unternehmen. Lederwarenhersteller Piquadro etwa übernahm den französischen Taschenhersteller Lancel. Der Nobelherrenmodeschneider Ermenegildo Zegna erwarb den US-Modekonzern Thom Browne. Unabhängig bleiben will auch Italiens größter Hersteller für Luxuskaschmirmode, Brunello Cucinelli. Das Unternehmen, das auf Nachträglichkeit und hohe Qualität setzt, erhöhte im ersten Halbjahr den Nettogewinn um ein Fünftel, der Börsenkurs hat sich seit 2017 verdoppelt. "Luxus ist nicht haben, sondern sein", stellte Kaschmirphilosoph Cucinelli fest. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, 25.9.2018)