Österreich als "kleine Supermacht": Präsident Alexander Van der Bellen, Außenministerin Karin Kneissl und Kanzler Sebastian Kurz zu Besuch bei UN-Generalsekretär António Guterres (Mitte).

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Bundespräsident Van der Bellen traf am Mittwochabend mit US-Präsident Donald Trump zusammen.

Bei der in New York versammelten österreichischen Staatsspitze hat die Rede von US-Präsident Donald Trump vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen am Dienstag Sorgen unterschiedlichen Grades ausgelöst. Besonders alarmiert zeigte sich in einem Gespräch mit Journalisten Präsident Alexander Van der Bellen. Er habe nicht zuletzt wegen der Wortwahl des US-Präsidenten den Eindruck, "dass ein Krieg mit dem Iran früher oder später ins Auge gefasst wird", sagte er. Das heiße freilich noch nicht, dass es auch so kommen müsste, schränkte der Präsident seine Aussage danach ein wenig ein. Allerdings sei deutlich, dass Trump in seiner Ansprache "die nächste Eskalationsstufe" gezündet habe. "Es tut mir leid, aber das ist mein Eindruck."

Sorge über die amerikanischen Aussagen zum Iran brachte auch Kanzler Sebastian Kurz zum Ausdruck. Er halte zwar wenig davon, bei UN-Reden "zu viel Beachtung auf das Wie und zu wenig auf den Inhalt zu legen", so Kurz. Im Falle Iran habe er allerdings auch den Eindruck gewonnen, dass das nun Gesagte härter als bisher gewesen sei. Einen Vergleich mit der Situation in Bezug auf Nordkorea, das Trump bei seiner Rede im Vorjahr massiv angegriffen hatte, findet Kurz nicht zielführend. Denn in der Region um Nordkorea sei Südkorea, das stets Deeskalation fordert, der wichtigste Verbündete der USA. Beim Iran sei das anders. Die amerikanischen Partner in der Umgebung würden Teheran als Gegner und als Bedrohung wahrnehmen.

"In welche Richtung geht das jetzt?"

Bedenken bezüglich der möglichen Pläne Trumps führte schließlich auch Außenministerin Karin Kneissl ins Treffen. Einer der überraschenden Momente der Trump-Rede sei gewesen, dass der US-Präsident im Iran de facto "zu einer Volkserhebung aufgerufen" habe. Das sei in der Ansprache ziemlich deutlich geworden, so die parteifreie Ministerin, daher sehe sie auch Anlass zur Sorge. US-Sicherheitsberater schickte zudem eine Warnung an den Iran: "Wenn ihr weiter lügt, betrügt und täuscht, dann wird das höllisch teuer" (engl. "hell to pay").

Als ebenso "interessant" bewertet Kneissl außerdem das demonstrative Lob, das Trump Polen ausgesprochen hatte. Einen Tag, nachdem die EU-Kommission Klage gegen Warschau eingelegt hatte, sagte Trump vor der UN-Vollversammlung, er freue sich, dass die Polen nun "für ihre Sicherheit, ihre Unabhängigkeit und ihre Souveränität" aufstehen würden. Kneissl: "Da fragt man sich schon, in welche Richtung geht das jetzt?"

"Kleine Supermacht" Österreich

Insgesamt bilanzierten alle drei das bisherige gemeinsame Auftreten bei der Uno sehr positiv. Van der Bellen betonte, man habe dort den Eindruck "einer kleinen Supermacht" hinterlassen. Österreich werde "ernster genommen, als wir oft glauben". Kanzler Kurz sagte, für ein "sehr internationales", exportorientiertes Land wie Österreich sei eine starke bilaterale und multilaterale Arbeit mit anderen Ländern von großer Bedeutung.

Unter offenbarem Bezug auf jene Passage in der Rede Donald Trumps, in der dieser Patriotismus und multilaterale Zusammenarbeit einander gegenübergestellt hatte, sagte Kurz, er sehe in diesen beiden Konzepten keinen Widerspruch. Das Gegenteil sei der Fall. Man könne ein guter Patriot sein und dennoch den Multilateralismus für eine Ebene halten, die ihre Berechtigung habe.

In diesem Sinne seien auch die bilateralen Treffen am Rande der Generalversammlung abgelaufen, ließen die Spitzenpolitiker durchblicken. Kneissl absolvierte am Dienstag einen kleinen Lateinamerika-Schwerpunkt, sie traf mit den Außenministern Brasiliens und Mexikos zusammen. Letzterem dankte die von der FPÖ nominierte Ministerin für den Beitrag seines Landes im Jahr 1938, als Mexiko der einzige Staat gewesen war, der gegen den "Anschluss" Österreichs an Nazi-Deutschland im Völkerbund Protest eingelegt hatte. Zudem sprach sie mit ihrem palästinensischen Amtskollegen, dessen Einschätzungen zur Nahost-Krise sie sehr interessant gefunden habe. Beim Abendessen traf sie zudem auf US-Außenminister Mike Pompeo, dem Außenamt zufolge ging es dabei vor allem um den Bau der Pipeline Northstream 2.

"Auf Augenhöhe" mit Afrika

Positiv bewerteten Kurz und Van der Bellen schließlich auch die Gespräche mit mehreren afrikanischen Staatschefs. Die beiden setzten ihre bilateralen Treffen zur Vorbereitung des EU-Afrika-Gipfels in Wien am 18. Dezember fort. Konkret stand nach den Präsidenten Kenias und Ghanas am Montag der AU-Vorsitzende Paul Kagame auf dem Programm. Der Präsident Ruandas, dessen Regierung als Musterbeispiel einer effizienten, aber autoritären Entwicklungsdiktatur gilt, ist Mitveranstalter des geplanten Treffens.

Van der Bellen erklärte, wie sich der dieser Tage oft gebrauchte Slogan, man wolle mit den Afrikanern "auf Augenhöhe" sprechen, in der Praxis auswirke. "Die Afrikaner haben den Eindruck: 'Aha! Die nehmen uns ernst'", berichtete er. Das sei ein klarer Widerspruch zur früheren Zusammenarbeit, die vor allem im Zeichen von Hilfsleistungen gestanden habe.

Beeindruckt zeigte er sich auch von den Erfolgen des kleinen Ruanda bei der Senkung der Fertilitätsrate. Diese stehe eindeutig im Zusammenhang mit Kampagnen der Regierung, in denen Frauen zum Wissen über ihre Körper und zum Selbstvertrauen animiert würden.

Kneissl betonte diesbezüglich, es sei ihr bewusst, dass es sich bei der Frage der Familienplanung in Afrika um eine delikate Fragestellung handle, die in vielen afrikanischen Staaten Erinnerungen an den Kolonialismus wecke und als Belehrung empfunden werde. Dennoch plane sie in den kommenden drei Jahren, einen besonderen Schwerpunkt auf das Thema zu legen. Leider zeigten allerdings internationale Studien, dass die Situation, die zu einem Rückgang der Fertilitätsraten geführt habe, in fast jedem Land eine andere gewesen sei. Es sei daher schwierig, in dieser Angelegenheit Best-Practice-Beispiele zu finden. (Manuel Escher aus New York, 26.9.2018)