Das Pocophone F1 bietet sehr gute Hardware für vergleichsweise wenig Geld. In einigen Ländern sehen Käufer dafür schon Werbung in Xiaomi-Apps und dem Systemmenü.

Foto: derStandard.at/Pichler

Wer im Netz ein gutes Handy mit ordentlichem Preis-Leistungs-Verhältnis sucht, landet fast unweigerlich früher oder später bei Empfehlungen für Xiaomi. Der chinesische Elektronikriese ist mittlerweile auch offiziell in Europa angekommen.

Aber schon zuvor wurden die Handys der Mi- und Redmi-Serie fleißig importiert. Sie bieten oft ein gutes Gesamtpaket, das weniger kostet als vergleichbare Telefone von Samsung und Co. Die Mi-Spitzenmodelle, etwa das Mi 8, messen sich auf Augenhöhe mit den besten Telefonen der etablierten Marken. Während man für Letztere aber gut und gerne 700 Euro und mehr hinlegen muss, ist man bei Xiaomi schon für weniger als 400 Euro mit dabei.

Niedrige Marge, stattdessen Werbung

Das Unternehmen hat erst vor wenigen Monaten verkündet, dass man niemals Smartphones mit einer Gewinnspanne von mehr als fünf Prozent verkaufen wolle. Wenngleich dieses Versprechen schwer überprüfbar ist, dürfte damit klar sein, dass Xiaomi seine Preisstrategie auf absehbare Zeit nicht ändern wird. Allerdings muss man trotzdem Investoren zufrieden stellen, die sich natürlich finanzielles Wachstum wünschen. Dafür setzt man nun auf ein Modell, das künftig viele Nachahmer finden könnte: Werbung, die ins System integriert ist.

Seit einiger Zeit finden sich in den vorinstallierten, von Xiaomi selbst entwickelten Apps, kleine Werbebanner in den Menüs. Auch in den normalen Systemeinstellungen wurden bereits Einschaltungen gesichtet. Nicht betroffen sind nur die Android One-Handys des Herstellers (Mi A1 und A2), die mit "purem" Android laufen.

Europäische Nutzer blieben bislang von den Einschaltungen generell verschont. In der EU dürften diese aufgrund der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht ohne Weiteres eingeführt werden können. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass Xiaomi in Zukunft einen Weg finden wird, Werbung in seinem MIUI-System regelkonform anzuzeigen.

Amazon-Taktik

Sich auf diesem Wege ein Zubrot zu den niedrigen Margen zu verdienen, ist keine neue Taktik. Inspiriert dürfte das Vorgehen von Amazon sein, was nicht von ungefähr kommt, lässt sich doch Xiaomi viel lieber mit dem US-E-Commerce-Giganten vergleichen, als etwa mit Apple. Amazon verkauft seine Kindle-Tablets und E-Reader sowie vermehrt auch Smart Home-Devices zu erschwinglichen Preisen. Diese sind ans eigene Ökosystem gekoppelt und sollen die "verlorene" Gewinnspanne langfristig durch den Einkauf von Waren und Services mehr als nur wettmachen.

Die zweite Schiene, die Amazon fährt, ist der Verkauf von Smartphones anderer Hersteller. Diese kann man entweder zum regulären Preis kaufen, oder vergünstigt. In letzterem Falle kann man etwas Geld sparen, muss dafür aber Werbung für Angebote des Händlers am Sperrbildschirm akzeptieren. Immerhin: Für den Differenzbetrag zum Normalpreis kann man sich nachträglich von den Anzeigen "freikaufen".

Erfolg könnte Beispiel setzen

Xiaomi könnte mit seiner Strategie allerdings ein Beispiel für die Branche setzen, wenn sich die Handys trotz der Anzeigen weiter gut verkaufen. Hersteller, die mit ihren eigenen Highend-Geräten im Verkauf nicht gegen Samsung, Apple und Konsorten auf hohem Preisniveau nicht konkurrieren können, hätten ein Incentive, stattdessen mit Kampfpreis zu punkten und – dank der Akzeptanz Seitens der Kundschaft – dann eben die eigentlichen Umsätze mit Werbung zu erzielen.

Die Lockbotschaft für die Kunden ist klar: Warum hohe dreistellige, wenn nicht sogar vierstellige Beträge für ein gutes Handy zahlen, wenn man für 400 Euro ein ebenbürtiges Gerät bekommt. Ein Banner hier, ein Pop-up dort können da schon als attraktive Alternative erscheinen, zumal viele Nutzer derlei Einschaltungen ohnehin schon durch werbefinanzierte Apps gewöhnt sind. (gpi, 26.09.2018)