Der Pressesprecher von Innenminister Kickl schickte eine Mail an die Landespolizeidienststellen. Darin stand, wie mit "kritischen Medien" umzugehen sei.

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"Bei Sexualverbrechen braucht es Fingerspitzengefühl und Abwägung", sagt der Salzburger Polizeisprecher Michael Rausch.

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STANDARD: Ich hätte einige Nachfragen zu der Mail aus dem Innenministerium.

Rausch: Die "Salzburger Nachrichten" haben auch schon gefragt. Für die "SN" machen wir's, für den STANDARD nicht. (lacht) Das ist natürlich ein Scherz.

STANDARD: Wie geht die Salzburger Polizei mit der Mail um?

Rausch: Aus unserer Sicht wird sich nichts ändern. Wir haben eine gute Zusammenarbeit mit allen Medien, sind sachlich und transparent. Es kommen 5000 bis 7000 Aussendungen pro Jahr bei rund 30.000 Straftaten. Da sind wir im Österreich-Vergleich an vorderster Front. Wenn jemand anruft, geben wir Auskunft. Daran wird sich auch nichts ändern. Bis auf weiteres. Es werden meines Wissens nach neue Kommunikationsrichtlinien ausgearbeitet.

STANDARD: Werden Sie auch in Zukunft Infos an uns herausgeben?

Rausch: Selbstverständlich. Ich sage Ihnen alles, was Sie wissen wollen. Außer es geht gegen Persönlichkeitsrechte oder Opferschutz, oder ermittlungstaktische Gründe sprechen entgegen, etwa wenn der Täter noch nicht geschnappt ist.

STANDARD: Wie haben Sie intern auf die Mail reagiert?

Rausch: Wir haben das zu Kenntnis genommen und kurz besprochen. Es ist ja keine Weisung, wir haben das als Information gewertet. Einiges davon machen wir bereits. Den Aufenthaltsstatus und die Nationalitäten geben wir seit Jahren bekannt. Das ist aber ganz neutral. Viele Medien fragen auch nach, ob jemand Asylwerber oder anerkannter Flüchtling ist. Wir schreiben ja auch, ob es ein Pinzgauer oder Flachgauer ist. Das darf man nicht damit verwechseln, dass wir das auf die Ethnie oder Religionszugehörigkeit zuspitzen würden.

STANDARD: Hat es hinsichtlich der Nennung der Nationalität eine Änderung gegeben und, wenn ja, wann?

Rausch: 2014 und 2015 ist das sehr bunt geworden durch die Migrationslage. Es gibt mehr Nationalitäten. Aus diesem Bereich gibt es einen Anstieg bei gewissen Delikten. In der Kriminalstatistik werden auch die fremden Tatverdächtigen genannt und wer da an vorderster Front ist.

STANDARD: Das sind die Deutschen.

Rausch: Genau. Wir wollen mit der Nennung der Nationalität gar nicht werten, sondern informativ und sachlich berichten.

STANDARD: Werden Sexualverbrechen im öffentlichen Raum öfter kommuniziert?

Rausch: Auch nicht öfter bei uns. Damals, als das mit den Vorfällen in Köln und auch in Österreich war, hat man die Fälle kommuniziert. Das war ein bisschen mehr. Da hat man die Menschen informiert und präventiv vor gewissen Vorgehensweisen gewarnt. Das sogenannte Antanzen, wie drinsteht. Es macht Sinn, dass man das öffentlich macht. Wenn eine Vergewaltigung passiert ist und der Täter nicht feststeht, wird man davor warnen. Wenn der Täter bekannt ist, braucht es die Opferschutzabwägung. Wird das Opfer noch mehr traumatisiert, wird nicht berichtet. Da braucht es Fingerspitzengefühl und Abwägung.

STANDARD: Wer entscheidet das?

Rausch: Bei uns im Büro ist das immer der CVT – der Chef vom Tag. Es gibt rechtliche Grundlagen und interne Vorgaben. Die Kollegen halten bei Kriminalfällen auch Rücksprache mit mir und den Ermittlern.

STANDARD: Gibt es Statistiken darüber, was kommuniziert wird?

Rausch: Nein, es gibt keine eigene Statistik dafür. Presseaussendungen werden bei Delikten von einer gewissen Schwere gemacht. Wir haben das Level schon vor Jahren gesenkt, damit sich jeder ein Bild machen kann. Die Medienvertreter können dann selbst bewerten, ob sie etwas berichten wollen. Wir wollen dem Informationsbedürfnis der Bevölkerung gerecht werden. (Stefanie Ruep, 27.9.2018)