"Österreich"-Macher Wolfgang Fellner hatte bei den Medientagen einiges zu beklagen.

Foto: APA/HANS PUNZ

Bei den Medientagen (von links): Christian Rainer ("Profil"), Rainer Nowak ("Presse"), Moderator Florian Scheuba, Kai Diekmann (Ex-"Bild") und Wolfgang Fellner ("Österreich").

Foto: APA/HANS PUNZ

Florian Scheuba, Kabarettist und STANDARD-Kolumnist, hatte es am Donnerstagvormittag leicht mit diesem Panel, schon bei der Vorstellungsrunde konnte er sein kabarettistisches Talent unter Beweis stellen. Österreichs bekanntesten Boulevardmacher Wolfgang Fellner stellte er als Kai Diekmanns Sidekick, "gratis und trotzdem käuflich", vor.

Weniger konfrontativ stieg Christian Rainer, Chefredakteur und Herausgeber des "Profil", in die Diskussion "Boulevard vs. Qualität" bei den Österreichischen Medientagen ein. Er verteilte Komplimente und nannte die "Bild"-Zeitung die "qualitätsvollste Tageszeitung" überhaupt, die sehr professionell gemacht sei. "Aber wir sollten auch über das Niveau reden", legte Rainer in Richtung Diekmann, Ex-Chefredakteur der "Bild", nach. "Der Erfolg von Medien hängt ein Stück weit davon ab, wie gut man beim Publikum ankommt", und die "Bild" formuliere eben "voraussetzungsfrei", erwiderte Diekmann. "Wir wollen Komplexität reduzieren, das ist ein Qualitätsanspruch."

Diekmann predigte noch lange darüber, wie "man die Kirche voll kriegt", doch Christian Rainer, unterbrach mit dem Hinweis, dass der Aufmacher der "Bild"-Zeitung vom Mittwoch, "Tagsüber ist Sommer, nachts ist Winter", auch keinerlei Voraussetzungen brauche – "da brauche ich nicht mal weiterlesen", so Rainer.

Lob für "Kronen Zeitung"

Die größte heimische Boulevardzeitung war nicht bei der Diskussion vertreten, wurde aber von Fellner ins Boot geholt und prompt gelobt. Dass Menschen die "Krone", "Österreich" und "Heute" in so großer Zahl lesen würden, liege an der Qualität der Zeitungen, sagte Fellner. Seine Gratiszeitung "Österreich" habe in internationalem Vergleich eine sehr hohe Qualität, die "Presse" hingegen wirke im Vergleich zur "New York Times" wie Mickymaus. "Die wirkliche Währung ist Zeit", legte Fellner nach, seine Zeitung würden die Menschen und vor allem Jugendliche "aktiv entnehmen", um "10 bis 30 Minuten" darin zu lesen.

Nicht nur die Zeit, sondern auch die Mühe, um an eine Boulevardzeitung zu kommen, betonte Diekmann: Die "Bild"-Leser müssten sich "bei Wind und Regen zum Kiosk" aufmachen, deswegen müsse eine Boulevardzeitung eben "süchtig machen".

Fellner will Regierungsinserate abschaffen

Das Phänomen der Regierungsanzeigen in Österreich wollte Diekmann nicht kommentieren, er findet sie aber grundsätzlich problematisch, denn "das kann eventuell zum politischen Druck führen".

Fellner wurde bei dem Thema direkter und sehr aufgeregt: Zeitungen würden in Österreich "raubrittermäßig von der Regierung besteuert, die Regierung saugt fünf Prozent des Erlöses wie ein Vampir ab". Das System der Regierungsinserate habe sich "vor langer Zeit eingeschlichen", und er sei der Erste, der sage: "Schaffen wir das ab."

"Profil" als gedrucktes Luxusprodukt

Für einen Stimmungseinbruch sorgte Diekmann mit dem Einwurf: "Zeitungen kennen derzeit nur eine Richtung – nach unten." Die eigentliche Frage sei: "Mit welchen Inhalten erreichen wir die Jungen?"

Die "Presse" sei gerüstet und optimistisch, meinte Rainer Nowak, Herausgeber und Chefredakteur der Tageszeitung "Die Presse", 19 Prozent der Abos seien digital, rund 14.000 Online-Abonnenten hat die Tageszeitung derzeit. . "Profil"-Chef Rainer wollte allerdings gar nicht über das Internet reden: "Wir, 'Profil', werden uns nicht durch Erlöse im Internet finanzieren. Wir müssen so gut sein, dass sich der Leser das Luxusprodukt Magazin leistet." Er verglich "Profil" mit Jimmy-Choo-Schuhen – die seien "nicht notwendig", aber man zahle dafür.

Fellner beklagt Polizeikooperation mit "Krone"

Zum Abschluss wollte Scheuba Statements zum aktuellen Thema der Medienbranche: der Mail aus dem Innenministerium, in der den Landespolizeidirektionen ein anderer Umgang mit "kritischen Medien" wie STANDARD, "Kurier" und "Falter" nahegelegt wird.

Rainer betonte, dass "das, was sonst heimlich passiert", nun zu Doktrin geworden sei. Der größere Skandal sei aber, dass nun "in überproportionaler Form über sexuelle Übergriffe von Ausländern" berichtet werden solle.

Fellner hält die Mail ebenfalls für skandalös, es "war aber immer schon so", betonte der Medienmacher. "Das Innenministerium steckt immer nur Geschichten der 'Kronen Zeitung', im Gegenzug gibt es positive Berichterstattung." Diekmann stimmte mit ein: Auch die deutsche rot-grüne Regierung habe in der Vergangenheit zum Boykott der "Bild"-Zeitung aufgerufen, es sei "schön gewesen zu sehen, wie uns alle anderen verteidigen mussten".

Nowak erkennt aktuell ein Muster: Derzeit "hat man ein Problem mit kritischen Zeitungen. Wir müssen gemeinsam eine rote Linie ziehen." (Olivera Stajić, 27.9.2018)