Schon länger sind es nicht mehr ausschließlich technikaffine Privatanleger, die in Kryptowährungen investieren und damit handeln, auch bei Unternehmen spielen diese mittlerweile eine Rolle – sei es als alternative Zahlungsmittel oder als alternative Kapitalanlagen. Damit stellen sich auch Fragen in Zusammenhang mit der Abbildung der sich ergebenden Geschäftsmodelle im Rechnungswesen.

Dieser erste Blogbeitrag einer ganzen Reihe soll Licht auf die unternehmensrechtliche Behandlung der Entstehung –  das Mining – von Kryptowährungen am Beispiel des Bitcoins werfen.

Mining – Anschaffung, Herstellung, Auslobung, Lotteriegewinn?

Bitcoins entstehen auf der Blockchain – so weit so klar. Generiert werden diese im Rahmen des Mining, wobei sie für das Lösen eines mathematischen Rätsels zur Verifikation neuer Transaktionen zugeteilt werden. Die Erzeugung wird dabei nicht von einem konkreten Teilnehmer an der Blockchain durchgeführt, sondern von der Blockchain selbst.

Die unternehmensrechtliche Beurteilung des Minings ist noch nicht eindeutig geklärt, die Einordnungsansätze reichen von einem Anschaffungsvorgang über eine Herstellung bis hin zu einem Lotteriegewinn beziehungsweise einer Belohnung für eine Auslobung.

Anschaffung

Ein Anschaffungsvorgang erfordert nach herrschender Meinung zwei konkrete Vertragsparteien. Auf den ersten Blick ließe sich das Mining also ohne Weiteres als Anschaffung einstufen: Der Miner erbringt eine notwendige Leistung an jene Parteien, die Bitcoin-Transaktionen auf der Blockchain durchführen möchten.

Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass die neu entstehenden Bitcoins als Entgelt für die Verifikationsleistung keineswegs von jenen Parteien bezahlt werden, die ein Interesse an der Leistung haben, sondern vom Netzwerk neu geschaffen werden. Dies spricht gegen einen Anschaffungsvorgang: Einerseits ist für den Miner kein konkreter Vertragspartner feststellbar, andererseits wird das Mining durch neue Bitcoins abgegolten und nicht mit bestehenden Einheiten bezahlt – es fehlt also offensichtlich die Übertragung von Bitcoins zwischen den Vertragsparteien als Entgelt. Die Einstufung von Mining als Anschaffungsvorgang ist daher abzulehnen.

Herstellung

Bei einer Herstellung wird durch den Einsatz von Ressourcen etwas Neues geschaffen. Als Herstellungskosten wären die Kosten für die zur Herstellung eingesetzten Ressourcen anzusetzen. Auch dies scheint auf den ersten Blick im Fall von Mining überzeugend: Mining kann heutzutage nur mit spezieller Hardware durchgeführt werden, die sehr energieintensiv ist. Dieser Einsatz von Ressourcen wird im Idealfall mit neuen Bitcoins abgegolten.

Genau hier liegt jedoch das Problem: Der Einsatz von Ressourcen führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Miner neue Bitcoins erhält. Die Lösung des mathematischen Rätsels enthält nämlich ein starkes Glückselement, das durch bessere Hardware zwar etwas reduziert werden kann, die Unsicherheit verbleibt dennoch. Dies spricht gegen einen Herstellungsvorgang.

Die unternehmensrechtliche Beurteilung des Minings ist noch nicht eindeutig geklärt.
Foto: APA/AFP/JACK GUEZ

Auslobung/Glücksspiel

Eine Auslobung ist eine nicht an bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung für eine Leistung oder einen Erfolg, die durch öffentliche Bekanntmachung verbindlich wird. Dies lässt sich anschaulich auf das Mining von Bitcoins übertragen: Damit das Benutzernetzwerk funktioniert, lobt dieses eine Belohnung für die Verifikationen der durchgeführten Transaktionen aus. Bitcoins wären demnach die Belohnung für die Erbringung der notwendigen Leistung.

Ähnlich ließe sich argumentieren, dass das Mining ein Glücksspiel ist, dessen Preis neue Bitcoins sind. Dem Glücksspiel immanent ist dessen vom Zufall abhängiges Element, welches auch beim Bitcoin-Mining im Vordergrund steht.

In beiden Fällen wären die Bicoins mit ihrem im Zeitpunkt der Zuteilung aktuellen beizulegenden Wert beziehungsweise Zeitwert in den Büchern zu erfassen.

Fazit

Die bilanzielle Behandlung des Minings von Bitcoins ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Gewichtige Gründe sprechen gegen einen Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang. Viel eher stellt das Mining aufgrund des ihm innewohnenden Glücksmomentes eine Auslobung/ein Glücksspiel dar und ist auch als solches zu bilanzieren. (Klaus Hirschler, Paul Brezina, 10.10.2018)

Klaus Hirschler ist Professor der Abteilung für Rechnungswesen, Steuern und Jahresabschlussprüfung an der WU Wien. Er ist Fachvortragender, Autor zahlreicher Fachpublikationen und Mitglied in diversen Fachgremien zum Thema Rechnungslegung.

In Teil 2 dieser Beitragsreihe werden die unternehmensrechtliche Bewertung von Kryptowährungen und deren Ausweis in den Büchern näher beschreiben.

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