Noch hat sie die Partei nicht geschlossen hinter sich, aber in der Kanzlerfrage liegt sie – wie vor einem Monat Christian Kern – nur elf Prozentpunkte hinter Amtsinhaber Sebastian Kurz: Pamela Rendi-Wagner

Foto: Christian Fischer

Obwohl der Wechsel von Christian Kern zu Pamela Rendi-Wagner an der Parteispitze recht holprig verlaufen ist, kann die SPÖ in der Sonntagsfrage ihren zweiten Platz unverändert halten. Das ergibt eine in dieser Woche unter 800 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten durchgeführte Umfrage des Linzer Market-Instituts für den Standard.

"Die Ergebnisse unserer September-Hochrechnung sind gegenüber der Hochrechnung von Ende August praktisch unverändert. Die ÖVP führt mit 33 Prozent deutlich vor der SPÖ mit 28 Prozent – auf der anderen Seite hat die SPÖ ebenso fünf Prozentpunkte Sicherheitsabstand zur FPÖ", sagt Market-Studienleiter David Pfarrhofer. Das bedeutet, dass sowohl ÖVP als auch SPÖ jeweils gut einen Prozentpunkt über ihrem Nationalratswahlergebnis aus dem Vorjahr liegen.

Diagramm zur Sonntagsfrage

Die FPÖ liegt derzeit rund drei Prozentpunkte unter dem letzten Wahlergebnis, was Pfarrhofer mit dem Hinweis erklärt, dass der Juniorpartner in einer relativ neuen Regierung stets ein wenig schwächere Umfragewerte erhalte als vor dem Regierungseintritt: "In einzelne Vorgänge bei der FPÖ würde ich nicht zu viel hineingeheimnissen – dazu haben wir ja auch keine Erhebung durchgeführt."

Leichte Erholung der Grünen

Zudem müsse man bedenken, dass keine Wahlen absehbar sind – und außerhalb von Wahlkampfzeiten gibt die Sonntagsfrage zwar Orientierung, sie kann aber keine Wahlprognose sein. Was man allerdings sagen könne, ist, dass die Grünen mit aktuell fünf Prozent gute Werte haben.

Nach den Umfragedaten der vergangenen Monate liegen sie in den Hochrechnungen dauerhaft über vier Prozent – womit die Chance auf eine Rückkehr in den Nationalrat intakt bleibt. Die Neos liegen mit derzeit acht Prozent deutlich über ihrem Wahlergebnis von 5,3 Prozent, die Liste Pilz mit zwei Prozent aber sogar unter der Hälfte der 4,4 Prozent bei der Wahl.

Wo es tatsächlich Bewegung gegeben hat, ist in der Kanzlerfrage. Dabei werden die Wahlberechtigten gefragt, welchen Parteichef sie als Kanzler wählen würden oder wer zumindest am ehesten infrage käme.

Kurz in Kanzlerfrage stark

Amtsinhaber Sebastian Kurz führt in der Kanzlerfrage mit 36 Prozent und hält damit einen Abstand von elf Prozentpunkten auf Pamela Rendi-Wagner, die bei 25 Prozent liegt. Sie hat gegenüber dem bisherigen SPÖ-Vorsitzenden Christian Kern drei Prozentpunkte verloren.

Ein näherer Blick in die Umfragedaten zeigt: Während neun von zehn ÖVP-Wählern sofort sagten, dass sie Kurz als Kanzler wollen, wünschen sich nur sechs von zehn erklärten SPÖ-Anhängern Rendi-Wagner am Ballhausplatz. "Da haben sich viele gestandene Rote zunächst auf 'Ich weiß nicht' oder 'Keinen davon' zurückgezogen und erst auf Nachfrage gesagt, dass sie Rendi-Wagner wählen würden, wenn sie könnten", sagt Pfarrhofer. Er verweist auch darauf, dass sowohl Kurz als auch seine neue Herausforderin Rendi-Wagner bei älteren Befragten deutlich mehr Punkte machen als bei jüngeren – und dass die SPÖ-Chefin bei Männern besser ankommt als bei Frauen.

Der Standard ließ auch erheben, was die österreichischen Wahlberechtigten von Rendi-Wagner im Allgemeinen halten.

  • · "Dass eine Frau den Vorsitz in der SPÖ innehat", finden 57 Prozent mehr oder weniger gut – 26 Prozent gut, weitere 31 Prozent sogar sehr gut. Auch hier urteilen Frauen zurückhaltender. Die erklärten Sozialdemokraten stimmen allerdings mit großer Mehrheit voll und ganz (52 Prozent) oder überwiegend (27 Prozent) zu.
  • · Dass Rendi-Wagner "die beste Wahl für die SPÖ" ist, überzeugt 17 Prozent der Bevölkerung voll und 22 Prozent teilweise. Auch hier ist es spannend, ins Detail zu gehen – die SPÖ-Anhängerschaft stimmt zu 39 Prozent voll und zu 24 Prozent teilweise zu. Knapp jeder fünfte befragte Sozialdemokrat zog sich aber auf die Position zurück, dass er oder sie nicht wisse, ob Rendi-Wagner wirklich die beste Frau für den Job sei.
  • · Ob Rendi-Wagner "im direkten Vergleich" mit den anderen Spitzenpolitikern bestehen kann, wird unterschiedlich bewertet. 39 Prozent haben wenig bis gar keine Zweifel, dass sie gegen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache (der in der Kanzlerfrage mit neun Prozent deutlich hinter Rendi-Wagners 25 Prozent liegt) gut abschneiden würde. Gegenüber Sebastian Kurz lautet der Wert 35 Prozent – allerdings sind weniger Befragte "voll und ganz" der Meinung, dass Rendi-Wagner bestehen könnte.
  • · Elf Prozent (aber 23 Prozent der SPÖ-Wähler) stimmen voll damit überein, dass sie "gut zur Wählerschaft der SPÖ passt", weitere 32 Prozent sehen das immerhin teilweise so.
  • · Zehn Prozent (und 25 Prozent der SPÖ-Wähler) meinen, dass sie "die Ängste und Sorgen der österreichischen Bevölkerung" versteht, 22 Prozent trauen ihr das immerhin überwiegend zu. Ganz ähnlich ist das Ergebnis, wenn man fragt, ob Rendi-Wagner "eine gute Vertreterin der Arbeitnehmer in Österreich" wäre.
  • · Und steht die SPÖ geschlossen hinter Pamela Rendi-Wagner? Davon sind nur sieben Prozent vollständig, 20 Prozent teilweise überzeugt – auch in der roten Wählerschaft sind längst nicht alle überzeugt: Elf Prozent der SPÖ-Wähler sehen die Partei "sicher nicht" geschlossen hinter der Vorsitzenden, weitere 26 Prozent "überwiegend nicht".
Tabelle zur Einschätzung von Pamela Rendi-Wagner

Noch ein Wort zu den politischen Inhalten: 30 Prozent meinen mehr oder weniger deutlich, die neue Chefin werde die SPÖ nach links führen, elf Prozent meinen im Gegenteil, sie werde die Partei nach rechts führen. (Conrad Seidl, 29.9.2018)