Patricia Meeden (als Popstar Rachel) trägt den "Bodyguard"-Abend im Wiener Ronacher mit hoher vokaler Qualität.

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Für seine – sagen wir – eher minimalistische Darstellung eines Sicherheitscowboys namens Frank Farmer wurde Cevin Costner seinerzeit mit einer Goldenen Himbeere bestraft. Es war eine von jenen sieben, die dem kommerziell sehr lukrativen Film Bodyguard umgehängt wurden. Im Vergleich zu jener Art und Weise, wie Costners Musicalpendant im Ronacher agieren muss, wirkte der Hollywood-Star allerdings 1992 regelrecht oscarverdächtig wendig.

Darsteller Jo Weil kann nichts dafür. Diszipliniert gibt er (als Bodyguard Farmer) einen reservierten Zeitgenossen, dem die Regie (Thea Sharrock) jedoch bedauerlicherweise auch noch Bleischuhe angelegt zu haben schien. In puncto Unnahbarkeit wurde also bei der Figur etwas übertrieben: Farmer wird zum Sicherheitspfosten, zu einem Mensch gewordenen Poller, was der in Summe handwerklich guten Produktion leider einen Hauch von unfreiwilliger Komik schenkt.

In der Barszene – wenn sich der Sicherheitsmann und der ach so schutzbedürftige Popstar Rachel Marron näherkommen – erwächst aus der holzpuppenartigen Rollenauffassung zwar so etwas wie szenischer Sinn: Farmer presst in dieser Karaokeszene just den Platinhit des Films I Will Always Love You mit virtuoser Unmusikalität heraus, wird für den Song zur vokalen Abrissbirne. Und Weil schafft es, das schwer Unlockere seiner Figur in slapstickartige Pointiertheit umzuwandeln.

Der Besessene

Im Gegenzug jedoch wirken all die amourösen Bett- oder Barszenen zwischen Farmer und dem Star, als würde die von einem Stalker verfolgte Rachel versuchen, mit einer Wachsfigur aus dem Kabinett von Madame Tussauds ein Verhältnis einzugehen.

Jo Weil kann, wie gesagt, nichts dafür. Wie auch Maximilian A. Ortner nichts dafür kann, als besessener Stalker seine Fetisch- und Mordabsichten im Stil einer recht plump wirkenden Pantomime vermitteln zu müssen.

Er taucht als Videogeist auf, der sich mit einem entwendeten Glitzerkleid seiner Angebeteten zärtlich streichelt. Er taucht leibhaftig auf, um als Pistolero ins Publikum zu zielen oder irrtümlich Rachels eifersüchtige Schwester Nicki zu erdolchen (glänzende Stimme mit souligem Falsett: Ana Milva Gomes). Er bleibt neben dem Bodyguard also das zweite derbe Rufzeichen der Produktion.

Zum Glück ist dieses Stück eine sonderbare Mischung: Es adaptiert den Film und ist zugleich ein Jukebox-Musical, das in Form einer Nummernrevue Whitney-Houston-Hits aneinanderreiht. Fetzige Choreografien (Karen Bruce) werden denn auch von intimen Szenen unterbrochen, in denen Greatest Love of All oder Saving All My Love oder One Moment In Time und schließlich auch I Will Always Love You erschallen.

Die Herren haben im Grunde nichts zu singen, die Hauptlast tragen die Damen – insbesondere Patricia Meeden (als Rachel). Ihr ist es zu verdanken, dass der Abend nicht zur unentwegten Erinnerung daran wurde, wie gut Hustons Stimme war.

Gute Stimme

Meeden braucht ein wenig, um sich freizuspielen, mitunter verblassen Nuancen. An jenen exponierten Songstellen, an denen Huston einst ihre Qualitäten entfaltet hat, ebendort bietet auch Meeden individuelle Qualität in Form von Intensität und Klarheit. Das darf nicht unterschlagen werden. Wie auch, dass die tadellose Band unter Herbert Pichler im Ronacher wieder etwas zu holzhammermäßig laut rüberkam und das Bühnenbild von Tim Hatley elegante Szenenwechsel gestattet.

Als nach der finalen Kussszene mit Frank die resolute Rachel den Song von der ewigen Liebe anstimmt, wird dies zum würdigen Kitschfinale, dem Premierenbegeisterung folgte, die hier nicht unrecht haben dürfte. Das Stück wird funktionieren. (Ljubisa Tosic, 29.9.2018)