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Verkehrsminister Scheuer kommt bei der Dieselnachrüstung einen Schritt weiter.

Foto: Dpa/Britta Pedersen

Berlin – Im Streit um Hardware-Nachrüstungen älterer Dieselfahrzeuge in Deutschland hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) der Regierung Wortbruch vorgeworfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe angekündigt, "ihre Entscheidung über Hardware-Nachrüstungen auf den Bericht einer Expertengruppe stützen zu wollen", sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch der "Rheinischen Post" vom Samstag. Dieser Gruppe im Bundesverkehrsministerium gehöre er an. "Wir durften aber seit neun Monaten nicht offiziell tagen, auch ein für diese Woche geplantes Treffen wurde abgesagt."

Stattdessen werde jetzt ohne den Expertenrat über Hardware-Nachrüstungen entschieden: "So geht es nicht, das ist Wortbruch der Kanzlerin", sagte Resch der Zeitung. Die DUH sieht indes weiterhin die Automobilindustrie bei der Frage der Haftung für Nachrüstungen in der Pflicht. "Die Hersteller müssen die volle Haftung für Hardware-Nachrüsten übernehmen und dürfen diese auch nicht auf Zulieferbetriebe abwälzen", sagte Resch. Das müsse die Regierung zwingend durchsetzen.

Dem Sender Sender SWR hatte Resch am Freitag gesagt, das "kurzfristige" Ansetzen und Absagen von Terminen sei ein "einzigartiger Skandal". Das Regierungsprogramm von CDU/CSU und SPD sehe Treffen der Expertenrunde zur Aufarbeitung des Dieselskandals vor, erinnerte er.

Resch warf dabei auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vor, Expertenergebnisse zu ignorieren. Eine Mehrheit im "Nationalen Forum Diesel" vertrete die Ansicht, dass Hardware-Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge möglich seien. Doch das Ministerium habe "einfach bestritten, dass es eine solche Mehrheit in der Expertengruppe gebe", sagte Resch.

Am Freitag wollte Deutschlands Kanzlerin mit mehreren Ministern über die Maßnahmen gegen Dieselfahrverbote in deutschen Städten beraten.

Das Schwierige daran: Die deutsche Regierung muss nicht nur die Autobauer davon überzeugen, sondern zunächst selbst einen Konsens finden. Denn die SPD tritt sehr viel vehementer als die Union dafür ein, dass Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autohersteller vorgenommen werden sollen.

Hilfen für Handwerker

Klar wurde am Freitag, dass die Regierung Handwerker und Lieferanten, die ältere Dieselautos fahren, finanziell unterstützen wird. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kündigte ein staatliches Förderprogramm für Hardware-Nachrüstungen an. "In den zehn Stickoxid-Problemstädten werden wir die Umrüstung von rund 30.000 Handwerker- und Lieferfahrzeugen fördern. Wir werden das Programm schnell an den Start bringen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die Mittel dafür sollen aus dem Fonds "Saubere Luft" kommen.

Laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung (FAZ) zeichnete sich am Freitag eine weitere Lösung ab. So soll ein Gutscheinsystem für die Halter von älteren Dieselmodellen geplant sein. Dem Bericht nach werden die deutschen Hersteller Audi, Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz Besitzern von Autos, die von Einfahrverboten in die am höchsten belasteten Städte betroffen sind, Gutscheine für Einbauten von Teilen durch Zulieferer geben. Sie wollten aber unverändert keine Herstellergarantie übernehmen, heißt es in dem Bericht.

Euro-5-Motoren betroffen

Die Zusage bezieht sich demzufolge auf 80 Prozent der Kosten bis zu einem Höchstbetrag von 3000 Euro je Fahrzeug. Es gehe dabei nur um Motoren der Schadstoffklasse Euro 5 und nur um solche, die technisch umgerüstet werden können. Fahrzeuge mit der Klasse Euro 4 oder älter könnten generell nicht umgerüstet werden. Hier würden Prämien für einen Umtausch in Neuwagen das Mittel der Wahl sein, so die FAZ.

Merkel hatte sich vor dem Treffen noch dafür ausgesprochen, betroffene Dieselfahrer nicht mit den Kosten einer Umrüstung zu belasten. Für einige Diesel müsste eine Umrüstung ermöglicht werden, sagte sie bei einem Auftritt in Augsburg. "Und da sind wir der Meinung, dass dies für die Besitzer kostenlos sein muss."

Allerdings zeigte Merkel auch Verständnis für die Belange der Automobilindustrie. Diese dürfe nicht so geschwächt werden, dass Arbeitsplätze in Gefahr seien. Merkel: "Ohne diese Arbeitsplätze ist Deutschlands Wohlstand gefährdet."

VW bei Nachrüstung dabei

Volkswagen hat in der Dieselkrise bei Verhandlungen mit Verkehrsminister Scheuer (CSU) laut Spiegel zugesagt, sich an möglichen technischen Nachrüstungen von älteren Dieselautos finanziell zu beteiligen. Außerdem wolle VW ein großes Umtauschprogramm für Autos der Schadstoffklassen Euro 4 und 5 auflegen.

In Österreich will das zuständige Verkehrsministerium zunächst die Entscheidung im Nachbarland Deutschland abwarten, Fahrverbote soll es laut Verkehrsministerium nicht geben. Der Verein für Konsumentenschutz (VKI) und der ARBÖ sind für Hardware-Nachrüstung auf Herstellerkosten. (Reuters, APA, bau)

(Reuters; APA; bau, 29.9.2018)

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