Google-Nutzer könnten mit der Digitalsteuer zur Kasse gebeten werden.

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Als Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) im Rahmen des EU-Finanzministertreffens Anfang September in Wien eine Einigung bei der Digitalsteuer verkündete, deren Details bis Jahresende fixiert werden sollten, war das Staunen groß. Immerhin hatten fünf Länder – Irland, Dänemark, Finnland, Schweden und Malta – dem österreichischen Ratsvorsitzenden ihre Skepsis bis Ablehnung kundgetan. Dazu kommt, dass Deutschland große Vorbehalte hat, sich in der Öffentlichkeit aber mit Kritik an einer "Google-Steuer" zurückhält.

Die Zweifel Berlins werden lieber über halboffizielle Stellen vorgebracht. Nur wenige Tage vor dem EU-Treffen sorgte ein Papier aus dem Leitungsstab des deutschen Finanzministeriums für hohe Wellen: Eine Dämonisierung der großen Internetkonzerne sei "nicht zielführend" hieß es in der Stellungnahme. Nun lehnt der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums das Vorhaben ab.

"Ernste Bedenken"

Er empfiehlt, die EU-Pläne "nicht zu unterstützen, denn die Digitalsteuer stößt auf ernste rechtliche Bedenken und wäre in ihren ökonomischen Wirkungen sehr fragwürdig". Kernpunkte der Digitalsteuer sind eine dreiprozentige Steuer auf Online-Werbeumsätze, Plattformen und Datenverkauf großer IT-Konzerne. Sie soll fünf Milliarden an Erlösen bringen und zeitlich befristet eingeführt werden, bis eine generelle Neuordnung der Besteuerung digitaler Erträge auf globaler Ebene vereinbart wird (Stichwort: digitale Betriebsstätte).

Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der EU-Kommission (links) und Finanzminister Hartwig Löger sagen vor Kurzem große Fortschritte bei der Digitalsteuer.
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Der wissenschaftliche Beirat befürchtet, dass es zu einer Doppelbesteuerung kommt, weil die Konzerne ihre Erträge am Stammsitz versteuern und die Service-Tax zusätzlich am Ort des Users eingehoben werden soll. Das würde zunehmend auch EU-Unternehmen treffen.Zudem sieht das Expertengremium kompetenzrechtliche Probleme, die es u. a. mit der Aufhebung der Kernbrennstoffsteuer durch das deutsche Bundesverfassungsgericht untermauert.

Darf Regierung zustimmen?

Damals ging es um die Zuständigkeiten von Bund und Ländern – ähnliche Probleme stellten sich bei der Digitalsteuer. Zwar habe Unionsrecht Vorrang vor nationaler Gesetzgebung. Allerdings sei es "fraglich, ob die Bundesregierung auf EU-Ebene einer Richtlinie zustimmen darf, die sie zum Erlass eines Gesetzes zwingen würde, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar wäre".

Dazu ortet das Gremium ordnungspolitische Probleme. Junge Unternehmen, die noch Verluste schreiben, wären beispielsweise ebenfalls von der Steuer betroffen. Als Beispiele werden Twitter und Spotify genannt. Überdies wird das Aufkommen der Abgabe in Deutschland auf nur 195 Millionen Euro geschätzt, während die Verwaltung der Einhebung beträchtlich sein dürfte. Ein weiteres gewichtiges Argument: Andere Länder, namentlich die USA, könnten im Gegenzug eine Steuer auf Umsätze europäischer Unternehmen einführen. (Andreas Schnauder, 30.9.2018)