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Jeff Flake brachte mit seiner Kehrtwende eine FBI-Untersuchung ins Laufen.

Foto: REUTERS/Jim Bourg

Sie haben ihn mit dem Rücken zur Wand erwischt. Eine Frau verstellte mit ihrem Fuß die Tür, der Aufzug im vierten Stock des Russell Senate Office Building am Washingtoner Capitol Hill bewegte sich nicht. Die andere weinte, schrie ihn an, forderte ihn auf, ihr in die Augen zu schauen. Sein Ja zur Bestellung des umstrittenen Brett Kavanaugh in den Supreme Court sei "unerträglich", ob er denn gar nicht an seine Tochter denke.

Ausgerechnet in der klaustrophobischen Enge einer Aufzugskabine bekam Jeff Flake (55), Republikaner, Senator aus Arizona, Vater einer Tochter, die Wut und die Enttäuschung vieler Amerikaner angesichts der Vorwürfe gegen Kavanaugh wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs zu spüren. Und je länger die per Liveschaltung in die Welt getragene Szene andauerte, desto verzweifelter tönte das "thank you", mit dem er die Aktivistinnen und Berichterstatter abwimmeln wollte.

Ob Flake tatsächlich die leidenschaftlichen Appelle der beiden Frauen im Aufzug im Ohr hatte, als er wenig später eine Kehrtwende vollzog und eine Untersuchung der Vorwürfe gegen Donald Trumps Protegé durch das FBI forderte, wird wohl für immer das Geheimnis des gläubigen Mormonen und ehemaligen Cowboys aus Snowflake im Navajo County bleiben.

"Das Land kommt vor der Partei"

Tatsächlich hatten sich viele Liberale von ihm erwartet, dass er sich einmal mehr gegen die Pläne Trumps stellt. Denn obwohl er einer Statistik zufolge in 80 Prozent der Abstimmungen im Sinne des Präsidenten votierte, hat er über die Jahre an seinem Ruf als Rebell gefeilt. Als Trump und republikanische Hard liner die Einwanderungsgesetze verschärften, arbeitete Flake mit den Demokraten vergebens an einer liberaleren Regelung. Während des Senatswahlkampfs im erzkonservativen Alabama unterstützte er mittels einer Spende den demokratischen Konkurrenten des wegen Belästigungsvorwürfen desavouierten Republikaners Roy Moore. "Das Land kommt vor der Partei", schrieb er auf Twitter.

Manch einer wollte in dem telegenen Politologen, der in jungen Jahren als Missionar durch Südafrika tingelte, sogar einen Herausforderer Trumps 2020 erkennen. Im Jänner wird er – so oder so – vom Senat Abschied nehmen müssen. Er tritt mangels Unterstützung durch Anhänger Trumps in Arizona nicht mehr an. Sein Erbe? Es wird für immer mit einem Aufzug verbunden sein. (Florian Niederndorfer, 30.9.2018)