Zwei Minister, zweimal umstritten – doch Parallelen zwischen Herbert Kickl und Horst Seehofer gibt es nur oberflächlich.

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Also schrieb das Nachrichtenmagazin in seinem Politikerporträt: "Noch nie hat ein Innenminister einen derart desaströsen Start hingelegt. Seit sechs Monaten ist er nun im Amt, und in dieser Zeit hat er fast die Bundesregierung in die Luft gejagt, er scherzte in Momenten, wo er besser geschwiegen hätte, und schwieg, als es nötig gewesen wäre, etwas zu sagen."

Und weiter: "Es geht in dem Amt ja nicht allein darum, die Bürger vor Kriminellen zu schützen. Der Minister sollte auch das richtige Wort finden, um das Land zu einen, er sollte die Besorgten beruhigen und die Lauten besänftigen." Inzwischen, heißt es im Text, "klingt das wie ein Witz, er wirkt wie ein Feuerwehrmann, der Brände mit Benzin löscht, immer, wenn er anrückt, schlagen die Flammen noch höher."

Es ist der Spiegel, der dies vor kurzem schrieb. Und die Rede ist natürlich von Horst Seehofer, dem deutschen Innenminister. Trotzdem kommt einer als österreichischer Staatsbürgerin diese Einschätzung irgendwie bekannt vor.

Das Gegenteil von Beruhigen

Auch hier hat ein Innenminister, FPÖ-Mann Herbert Kickl, einen alles andere als glücklichen Start hingelegt, auch hier tut einer stets das Gegenteil dessen, was nottäte, um "die Besorgten zu beruhigen und die Lauten zu besänftigen".

Auch hier gibt es Brösel rund um den Verfassungsschutz – allerdings ganz anderer Art. In Deutschland steht der bisherige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen im Verdacht, Sympathien für das ganz rechte Politikspektrum zu hegen – und Seehofer stellte sich schützend vor ihn. In Österreich hat der engste Mitarbeiter Kickls die Razzia beim Verfassungsschutz angestrengt – und zufällig wurde dabei eine große Menge an Daten im Büro der für Rechtsextremismus zuständigen Referatsleiterin "sichergestellt".

Kühl kalkuliert

Horst Seehofer ist dabei, sein eigenes politisches Vermächtnis zu zertrümmern, indem er in der Spätphase seiner Karriere durch das politische Berlin irrlichtert. Er arbeite sich an Angela Merkel ab, weil er sich selbst nicht verzeihen könne, dass er ihr im entscheidenden Augenblick, auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015, "nicht in den Arm gefallen" sei, heißt es in dem Porträt.

Das ist dennoch etwas völlig anderes als das, was Herbert Kickl in Österreich tut: Er betrachtete kritische Medien schon als Feinde, als er noch Wahlkampf-Mastermind der FPÖ war. Jetzt, nach der E-Mail-Affäre, beschwerte er sich über eine "inszenierte Medienhatz", und sein Parteichef Heinz-Christian Strache gab ihm recht. Das ist auch insofern bemerkenswert, als Strache damit die Bedenken seines Koalitionspartners ÖVP und des Bundeskanzlers beiseiteschiebt.

Klare Agenda

Kickl begegnet aber auch Kritik von gewählten Nationalratsabgeordneten mit Ignoranz ("Ich habe recht, Sie haben unrecht"), ihm geraten die Sätze nicht "unabsichtlich schief" wie immer öfter Seehofer. Kickl hat eine klare Agenda. Er ist kein Getriebener, er macht genau das, was er will. Und was er will, ist FPÖ-Politik.

Der handstreichartige Versuch, den BVT-Chef abzusetzen, die Razzia – das riecht stark nach dem Versuch, blaue Kontrolle über ein schwarzes Ministerium zu erlangen. Und wenn Kickl dann, gegen alle finanziellen und inhaltlichen Bedenken, eine berittene Polizeitruppe auf die Beine stellt, soll damit klargemacht werden: Wir tun, was wir wollen – das ist "unser" Ressort.

Blaue Politik

Wenn die Sondereinheiten an der Grenze in der Südsteiermark zur "Übung gegen einen Flüchtlingsansturm" ausrücken, dann gibt das ein klares Signal in Richtung blauer Law-and-Order-Politik. Die Grenze muss "dichtgemacht" werden, Flüchtlinge gehören außer Landes, so oder so. Das zeigt etwa auch die umstrittene Abschiebepraxis nach Afghanistan.

Wenn das Innenministerium wiederum ein Projekt gegen Gewalt in Familien einstellt, ist das ganz im Einklang mit dem, was die FPÖ unter Frauenpolitik versteht.

Der Spiegel kommt in seinem Porträt zu dem Schluss, dass Horst Seehofer "kein Rechter" sei, aber trotzdem ein Problem für die Republik. Diesen Schluss kann man für Österreich nur zum Teil ziehen. (Petra Stuiber, 2.10.2018)