Gegensätze, wohin das Auge blickt: Die alte Hafenstadt Jaffa ...

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... und die moderne Skyline Tel Avivs.

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Hier lassen sich auch die schlicht-funktionale Bauhaus-Architektur der "Weißen Stadt" bewundern.

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Erster Tag, 11 Uhr • Der Flug war kurz, also: Müdigkeit vorschützen gilt nicht! Erster Punkt der Tagesordnung ist ein Besuch des Carmel Market, wo man die ganze Energie der jungen israelischen Metropole aufsaugen kann. Weil es aber auch Kraft kostet, sich durch die Menschenmengen zu pressen, holt man sich am besten einen frisch gepressten Granatapfelsaft von den Ständen am Anfang der Marktstraße. Dort gilt es dann, nicht jeder Versuchung zu erliegen: Links und rechts türmen sich frisches Gemüse, exotische Früchte, eingelegte Köstlichkeiten, frischer Käse, Gewürze, Brot und süßes Gebäck. Lange zu überlegen, wo man sich nun Falafel und Hummus holt, lohnt sich nicht: Es ist fast unmöglich, in Tel Aviv eine Version der gebackenen Kichererbsenbällchen zu finden, die nicht köstlich ist.

14 Uhr • Reizüberflutet und mit vollem Bauch geht es Richtung Strand, wobei großzügige Umwege beim Spaziergang fruchtbar sind, um die schlichten Juwele der Bauhaus-Architektur zu bewundern. Jene funktional-schönen, etwa 4.000 Gebäude der Weißen Stadt. Die Häuser wurden von jüdischen Architekten entworfen, die in den 1930er-Jahren aus Deutschland nach Israel flüchteten. Die Funktionsweise der Häuser bedingt auch das Wesen der Stadt: Weil die Hitze die Innenräume oft unbewohnbar machte, waren Balkone ein Muss – das Leben fand draußen statt. Das tut es bis heute, wie man spätestens am Abend feststellt.

15 Uhr • Seinen 14 Kilometer langen Strand präsentiert Tel Aviv gut ausgebaut – und kommerzialisiert: Wer baden will, sollte bei den meisten Abschnitten ein paar Schekel für einen Platz zum Liegen dabei haben. Das erste Nachmittagsbier stimmt den preisbewussten Mitteleuropäer gleich auf das Preisniveau ein: Mit umgerechnet mindestens fünf Euro für ein kleines Bier sollte man rechnen. Der Strand ist aber auch Schauplatz der Gegensätze und Widersprüche, die Tel Aviv ausmachen: Die Stadt verwandelte das nördliche Ende der Promenade vom Schmuddeleck in einen Open-Air-Kommerztempel mit Lokalen, Geschäften, aber wenig Flair. Ein paar Gehminuten weiter, im Strandabschnitt der orthodoxen Juden, baden Männer und Frauen getrennt voneinander und abgeschirmt hinter einer Mauer.

18 Uhr • Bitte nicht auf die Idee kommen, jetzt schon nach einem Abendessen zu suchen! In Israel isst man spät. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, lohnt sich ein Spaziergang durch Jaffa – jene ins Meer hineinragende Hafenstadt, als deren Vorstadt Tel Aviv ursprünglich erbaut wurde. Die Altstadt wurde ab den 1990ern aufwendig renoviert – vor allem in den Abendstunden bietet es sich an, durch die engen Gassen zu schlendern.

20 Uhr • Beim Essen im Puaa (Rabbi Yohanan Street 8) können sich selbst Hungrige glücklich schätzen, dass es auch in Israel üblich ist, Übriggebliebenes aus dem Restaurant mit nach Hause zu nehmen. Die Gerichte, undogmatisch mediterran gehalten, machen auch am nächsten Tag noch Freude: Mungobohnen in roher Tahina, Kürbisknödelcurry, Moussaka und Fischspieße werden in dem hübschen Restaurant von ausgesuchten Weinen oder Limonade begleitet.

22 Uhr • Den ersten Abend in Tel Aviv kann man hervorragend am Strand ausklingen lassen. Aber Achtung, wer dazu eine Flasche Wein oder Bier mitnehmen will, sollte sie schon am Nachmittag besorgt haben: In den Geschäften darf abends kein Alkohol mehr verkauft werden.

Zweiter Tag, 10 Uhr • Am Vorabend ein bisschen zu viel Wein erwischt? Gut, dass das Orchid-Park-Hotel zum Frühstück neben Hummus, Pitabrot, gebratenem Gemüse und gefüllten Weinblättern auch Schakschuka serviert: Die traditionelle Köstlichkeit – Eier, die in der Pfanne in eine würzige Tomatensauce gebettet gebacken werden – macht den Morgen nach dem Feiern erträglicher.

11 Uhr • Mit dem Rad geht es ins hippe Viertel Florentin, einen der ältesten Stadtteile Tel Avivs – und ein krasser Gegensatz zu der lauten, modernen Stadt, die in den letzten Jahrzehnten reich an Wolkenkratzern und am Reißbrett entworfenen Vierteln geworden ist. Wer durch die engen Gassen Florentins schlendert, erlebt einen Teil der Stadt, der von der Gentrifizierung noch fast unberührt ist. Kleine Cafés wie das empfehlenswerte Vicky Cristina säumen die Straßen – und eine lebendige Street-Art-Szene vollendet den modernen Touch des Viertels.

13 Uhr • Lärm und Menschenmengen gibt es immer dienstags und freitags auf dem Nachlat-Binyamin-Markt – neben edlen Stoffen, Schmuck, Handwerk, Livemusik und Straßenkünstlern. Der Markt bietet zudem genügend Gelegenheiten für einen Mittagssnack.

16 Uhr • Ab ins Stadtzentrum – erster Halt ist der Rabin-Platz, auf dem 1995 der damalige israelische Ministerpräsident Jitzchak Rabin wegen seines Engagements für den Friedensprozess im Nahen Osten Opfer eines Mordanschlags wurde. Kein Ort in Tel Aviv, der nicht an die turbulente Geschichte und Politik des Landes erinnert.

17 Uhr • Nicht weit entfernt vom Rabin-Platz liegt das Tel Aviv Museum of Art, das eine der weltweit größten Sammlungen zeitgenössischer Kunst beherbergt. Man sollte sich ein paar Stunden Zeit nehmen und sich auf bestimmte Flügel und Sammlungen beschränken.

20 Uhr • Jede Partynacht braucht eine gute Unterlage, doch "gut" ist stark untertrieben für die Köstlichkeiten, die im Restaurant Ha’achim serviert werden: frittierte Artischocken auf Frischkäse, Weintraubensalat, gebackener Karfiol, picksüße Desserts. Bald ist der Bauch voll – und das Herz schwer: weil man nicht mehr weiteressen kann.

22 Uhr • Am Rothschild-Boulevard machen die jungen Israelis die Nacht zum Tag. Die Auswahl an Clubs, Bars und Discos ist groß, Barhopping ist angesagt: Für den Anfang eignet sich das Eli, weiter geht’s ins Sputnik, später am Abend dann ins Who the fuck is Jimmy. Wer den Song Contest zwar in Tel Aviv erleben, aber nicht auf dem Expo-Gelände im Norden der Stadt mitfiebern will, geht am besten zum Public Viewing in eine der Schwulenbars. Im Lima Lima etwa ist die Stimmung besonders ausgelassen. (Sebastian Fellner, RONDO, 5.10.2018)