Die Höll ist Kickl offenbar zu steil. Aber muss man deswegen gleich mit einer Anzeige auf die Einladung reagieren?

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Innsbruck – Spätestens seit Sonntag genießt die Höttinger Höll Kultstatus in der Radsportszene. Die Bilder des packenden WM-Finales, als sich der spätere Weltmeister Alejandro Valverde die drei Kilometer lange und bis zu 28 Prozent steile Höll hinaufquälte, werden noch in 50 Jahren für Begeisterung sorgen. Doch der Funke scheint nicht auf alle übergesprungen zu sein.

Die FPÖ-Regierungsmannschaft ignorierte das größte Sportereignis Österreichs geflissentlich. Dass fast 1.000 seiner Beamten in Tirol Dienst taten und so mit für den Erfolg der WM verantwortlich zeichneten, schien Innenminister Herbert Kickl wenig zu interessieren. Es waren ja auch keine Pferde, auf denen Valverde, Sagan und Co da ritten, sondern Drahtesel.

"Reite durch den Hohlweg"

Doch manche Innsbrucker bedauerten die Absenz Kickls. Zwei junge Männer postierten sich an der besagten Schlüsselstelle des WM-Kurses mit einem selbstgemalten Einladungsplakat. "Kickl ride to Höll" stand da in großen Lettern, die sie nicht als Feindseligkeit, sondern augenzwinkernde Kritik verstanden wissen wollen.

Zur Erklärung: Die Höll hat nichts mit der Hölle zu tun. Das Wort kommt vom Tiroler "Hehl", das einen Hohlweg bezeichnet. Und genau das ist die Höttinger Höll: ein extrem steiler Hohlweg auf den Gramartboden im Norden von Innsbruck.

Der verletzte Anstand

Diese Etymologie war der anwesenden Polizei nicht bewusst. Sofort wurden die Personalien der Herren aufgenommen. Nur für den Fall, dass sie planten, das Radrennen zu stören, erklärte man den Beamtshandelten die Prozedur. Was sie aber ohnehin nicht vorhatten. Die beiden rückversicherten sich noch bei den Polizisten, ob das Plakat eh kein Problem darstelle. Diese verneinten, und man genoss gemeinsam das Rennen.

Nach dem packenden Drama in der Höll staunten die jungen Männer aber nicht schlecht, als ihnen die Beamten plötzlich erklärten, dass gegen sie eine Anzeige "wegen Anstandsverletzung" erstattet werde. "Weisung von oben", habe die Begründung der Polizisten auf Nachfrage gelautet. Seitens der Polizei wird die Anzeige bestätigt.

Der Sportminister der Republik hatte am Sonntag offensichtlich keine Zeit, um beim Finale der Rad-WM in Innsbruck zugegen zu sein.

Auch Sportminister Heinz-Christian Strache kam nicht zu Rad-WM. Er sei zu spät eingeladen worden. Erst am 6. September, als der Vizekanzler bei der Eröffnung der Kletter-WM in Innsbruck zugegen war, wurde er seitens des Landes zur Rad-WM eingeladen. Kein guter Tag dafür, denn die Innsbrucker Kletterfans pfiffen Strache bei seinen Grußworten regelrecht von der Bühne. Sein Terminkalender sei zu voll, begründete er die Rad-WM-Absage. Wie beschäftigt Strache am vergangenen Sonntag war, zeigte sein Facebook-Eintrag vom Spaziergang mit Gattin und Hund. (Steffen Arora, 2.10.2018)