Foto: Regine Hendrich

Die Lugner City nimmt im Ranking der fünf hässlichsten Orte Wiens die Ränge drei bis sieben ein. Die Faszination liegt nicht nur im architektonischen Bereich, Stichwort Bunkerbarock. Immerhin kündet so ein Einkaufszentrum mit alles und scharf nicht erst seit gestern davon, dass die Welt ganz schön am Arsch ist. Auch ein für den ärmsten Bezirk Wiens finanziell herausfordernder Supermarkt sowie die in diesem mehrstöckigen Jammertal aus Gussbeton gebotene Kulinarik sorgen jedes Mal für entsetztes Jauchzen bei Menschen aus gentrifizierten Zonen, die zum ersten Mal diesen Stadtstaat betreten.

Ausgehend vom derzeit im Epizentrum der Diskontwelt abgehaltenen Oktoberfest mit Stelzen von Billighendln über als Cafés getarnte Kettenraucherlokale geht es bergwärts hinauf bis zu Kebab und Sushi vom Band sowie Pizza von der Stange. Asiatische Glutamatspezialitäten runden das Angebot ab, knallharte Typen bevorzugen das nach Tankstelle müffelnde Schnitzelparadies.

Shoppen in Püdschi und Hausschlapfen

Kurz, in der Lugner City riecht es so, wie sie ausschaut, sehr stark. Begünstigt sind all jene Besucher, die an einer chronischen Erkältung leiden. Im Gebäude befindet sich übrigens auch ein Ärztezentrum. Dank zusätzlicher Wohnungen und Billigfetzentandler sowie Hotel und Kinocenter wäre es theoretisch möglich, dass man die Lugner City zeitlebens nie wieder verlassen muss. Man könnte im Püdschi und den Hausschlapfen shoppen und essen gehen. Allerdings ist in den letzten Monaten eine gewisse Verrohung der Besucher zu verzeichnen, die nicht nur vom vielen ungesunden Essen herrührt.

Es handelt sich dabei um eine neue Zivilisationskrankheit, die Leute wollen sich gegenseitig nicht mehr ausweichen. Kinderwagenfahrer krachen sehenden Auges in Rollstuhlrentner, Muckibuden-Kids rempeln absichtlich Handwerker auf dem Weg zum Selbstbedienungsbüffet an. Auf den Rolltreppen sorgen wütende Kinder für nacktes Chaos, es kommt zu Handgemengen vor dem Wurstdiskonter. Bürgerkrieg im Handyshop! Aggressives Gebrüll, blanker Hass. Kalt ist es geworden – und die Menschen rücksichtslos. Ich aber weiß mich zu wehren. Ich danke Gott für meine Krücke! Er schütze auch die Lugner City. (Christian Schachinger, 3.10.2018)