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Ob Diesel oder Benzin, macht seit dem VW-Skandal einen großen Unterschied. Fahrverbote verschärfen die Situation.

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Als "Schritt in die richtige Richtung", bezeichnet Auto-Professor Stefan Bratzel vom Center Of Automotive Management in Bergisch Gladbach, die Resultate des Diesel-Gipfels in der Nacht auf Dienstag, "Aber es sind noch viele Fragen offen" und die gewünschte Wirkung hänge von der genauen Ausgestaltung der geplanten Maßnahmen ab.

Letztere sind laut dem von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) präsentierten "Konzept für sauberer Luft und die Sicherung der individuellen Mobilität in unseren Städten" teils im Nebel. Fest steht nur, dass betroffene Dieselfahrzeughalter wählen können zwischen Rabatt, Umtauschprämie und Nachrüstung des Abgasreinigungssystems.

  • Städte und Regionen: Wählen können Dieselbesitzer allerdings nicht flächendeckend, sondern nur jene, die in 14 Städten mit besonders hohen Grenzwertüberschreitungen bei der Luftbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) wohnen oder in diese pendeln. Dieser Definition zufolge betrifft das München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Die Bankenmetropole Frankfurt, der vom Verwaltungsrat Wiesbaden ab 2019 ein Dieselfahrverbot verordnet wurde, gehört nicht dazu. Die hessische Stadt sollte Fahrverbote mit einem neuen Luftreinhalteplan verhindern können, glaubt Umweltministerin Schulze. Ausnahmen sind nur für Pendler aus angrenzenden Regionen und Härtefälle vorgesehen sowie für Selbstständige mit Firmensitz in belasteten Städten. Letztere können 80 Prozent der Kosten für die Nachrüstung von Firmenfahrzeugen gefördert bekommen.
  • Neuer Grenzwert: Autos der Schadstoffklassen Euro-4 und Euro-5 sollen künftig nur in Zonen mit Fahrverboten fahren dürfen, wenn sie weniger als 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer rausblasen. Bis dato lag die Grenze für Euro-5 bei 180 mg. Kommt das betroffene Fahrzeug nicht unter diesen Wert, soll der Fahrzeughalter zwei alternative Angebote bekommen.

  • Rabatt für Alt und Neu: Anders als frühere Abwrackprämien, wollen die deutschen Hersteller Besitzern von Euro-4- und Euro-5-Dieselmodellen Umstiegsprämien und Rabattangebote vorlegen, die neben Neuwagen auch für Gebrauchtfahrzeuge gelten. Diese Aktionen sollten auch dem Wertverlust Rechnung tragen, den die Abgasmanipulationen hervorgerufen haben. Dieser Wertverlust müsse bei Inzahlungsnahme des Altfahrzeugs tatsächlich ausgeglichen werden, sagt Autoprofessor Bratzel. Unter 5000 Euro sei diesbezüglich bei Kompaktfahrzeugen nichts zu machen.

  • Nachrüstung, Abgasreinigung und Haftung: Noch viele Fragezeichen gibt es beim heikelsten Punkt, der Nachrüstung von Euro-5-Dieselfahrzeugen mit SCR-Katalysatoren, mit denen Abluft aus dem Verbrennungsmotor über die Abgasrückführung unter Beigabe von Harnstofflösung nochmals gereinigt wird. Die Regierung erwartet, dass die Autohersteller die Kosten für Hardware und Einbau tragen – sofern die betroffenen Fahrzeugtypen technisch überhaupt nachgerüstet werden können. Wer für allfällige Schäden oder Fehlfunktionen des Fahrzeugs durch den Umbau haftet, war lange Zeit der Knackpunkt. Die Regierung betont, das sei Sache der Autobauer.

Bei 2,5 Millionen Fahrzeugen und Aufwendungen zwischen 2500 und 5000 Euro summierten sich die Kosten für die Autobauer auf 6,3 bis 12,5 Milliarden Euro, rechnet Car-Chef Bratzel vor. Gegenzurechnen sind allerdings Neuwagen-Verkaufserlöse. Die zu Peugeot PSA gehörende Opel preschte vor, lehnt Nachrüstungen als "ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift" ab. BMW äußerte sich ähnlich ablehnend. VW forderte eine Beteiligung aller Hersteller.

Viele Details sind noch unklar

Wiewohl noch zahlreiche Details unklar sind: Österreichs Dieselbesitzer dürfen Entschädigung nach deutschem Vorbild nicht erwarten. Das deutsche Modell sei kein Vorbild, sagte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ). Eine Verschrottungsprämie wäre angesichts der Hochkonjunktur kontraproduktiv. Und Fahrverbote gebe es in Österreich nicht.

Noch nicht. Denn an zahlreichen Messpunkten in Österreich werden sehr wohl Überschreitungen der Stickstoffoxid-Emissionen gemessen. Anders als die Deutsche Umwelthilfe war hierzulande aber noch keine Klage erfolgreich. Auch ein Verfahren der EU-Kommission ist anhängig. (Luise Ungerboeck, 2.10.2018)