Die Goldbarren wurden dem Anwalt zum Verhängnis.

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Wien – Ein ehemaliger Wiener Rechtsanwalt, der am Diebstahl von 20 Kilogramm Gold im Wert von 700.000 Euro beteiligt war, ist dafür am Mittwoch vom Landesgericht für Strafsachen zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden. Der 42-Jährige akzeptierte die über ihn verhängte Strafe, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Am Mittwoch wurde der Anwalt am Wiener Straflandesgericht zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt.
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Der Jurist, der nach seiner Festnahme im vergangenen Mai von der Anwaltsliste gestrichen wurde, hatte früher in seiner Kanzlei 6000 Euro monatlich netto verdient. Auf die Frage nach seiner aktuellen Beschäftigung erwiderte er eingangs der Verhandlung: "Hausarbeiter der Justizanstalt." Er ist im Gefängnis als Stockschreiber tätig. Nach seiner Entlassung will er "heim zu Mama" in die Steiermark, wie er auf Befragen erklärte: "Ich bin kein schlechter Jurist. Ich werde eine Arbeit finden. Ich bin nicht faul."

Seniorin hatte 20 Goldbarren in Wohnung

Der Angeklagte hatte das Gold-Versteck einer 78-Jährigen, mit der sich nach einer Busfahrt von einer Opern-Aufführung angefreundet hatte, rumänischen Einbrechern verraten. Die ältere Dame bewahrte 20 Goldbarren in ihrer Wohnung in Wien-Leopoldstadt auf, weil sie davon ausging, dass sie dort sicherer waren als in einem Bank-Schließfach.

Der Jurist hatte die um 36 Jahre ältere Frau nach einer Vorstellung an der Dresdner Semperoper kennengelernt. Während der Rückreise kamen die beiden miteinander ins Gespräch und tauschten sich im Bus über die "Lohengrin"-Inszenierung mit Anna Netrebko in der Rolle der Elsa aus.

Die 78-Jährige berichtete dem Anwalt auch von Opern-Stars der 1960er-Jahre, mit denen sie persönlich bekannt war. Der 42-Jährige war begeistert, wie er dem Gericht schilderte: "Ich bin opera fanatic. Das ist mein Leben."

78-Jährige erlitt seelischen Schaden

In weiterer Folge entwickelte sich aus der gemeinsamen Leidenschaft für die Oper eine Freundschaft. Der Anwalt und die ältere Dame reisten gemeinsam zu Inszenierungen nach London und München. Dass er am Ende ihr Vertrauen missbrauchte und dafür sorgte, dass Einbrecher ihr das zur Sicherung ihres Lebensabends gedachte Gold wegnahmen, hat die 78-Jährige bis heute nicht verwunden, wie sie im Zeugenstand offenbarte: "Ich habe ihn in erster Linie als vertrauenswürdig gesehen. Ich war immer ein ehrlicher Freund."

Ihren erlittenen seelischen Schaden könne man nicht gutmachen: "Ich kann überhaupt keine Ruhe mehr finden. Mein Leben ist zerbrochen." Nachts schaue sie ganze Zeit auf die Eingangstür, sobald sie in ihrer Wohnung ein Geräusch höre, "schrecke ich auf", erklärte die 78-Jährige.

Anwalt sei von Einbrecher "verführt" worden

Der – untergetauchte – Kopf der Täter-Gruppe war ebenfalls mit dem Anwalt befreundet. Die Männer kannten sich von gemeinsamen Besuchen einer Pizzeria auf der Reinprechtsdorfer Straße. Der Rumäne hätte ihn "hofiert" und "verführt", gab der Angeklagte zu Protokoll.

Eines Abends hätte er diesem in alkoholgeschwängerter Stimmung verraten, eine Bekannte hätte ihr gesamtes Vermögen in Gold angelegt und horte dieses zu Hause: "Da sind seine Augen schlagartig anders geworden." Der Rumäne, der sich ihm gegenüber als "großspuriger Geschäftsmann mit einem weitschweifigen Netzwerk" ausgab, in Wahrheit aber offenkundig ein Krimineller war, hätte umgehend beschlossen, der Besitzerin das Gold abzunehmen.

Alarmanlage fotografiert

Unklar blieb, warum der Anwalt dabei mitmachte, indem er die in der Wohnung seiner Freundin angebrachte Alarmanlage fotografierte, die Bilder den Tätern weiterleitete und diesen auch Gelegenheit bot, an die Wohnungsschlüssel der 78-Jährigen zu kommen.

Finanzielle Gründe spielten jedenfalls keine Rolle. Der Jurist ist Eigentümer zweier Wohnungen und eines gut gepolsterten Wertpapier-Depots. Verteidiger Werner Tomanek vermutete, "das Prickeln des Verbotenen" habe den 42-Jährigen auf die schiefe Bahn geraten lassen. Zur Schadensgutmachung will der Ex-Anwalt jetzt seinen gesamten Besitz flüssig machen und den erzielten Erlös der 78-Jährigen überweisen, garantierte er dem Gericht.

"Missbrauch des Vertrauensverhältnisses auf heimtückische Weise"

Nachdem die Kriminellen bei einem ersten Einbruch am 23. September 2017 den Schatz trotz stundenlanger Suche und der Vornahme von Probebohrungen an den Wänden nicht fanden, entlockte der Anwalt seiner Freundin das genaue Versteck. Das Gold befand sich in einem Geheimfach unter einer Holzabdeckung am Kopfende eines Wohnzimmerschranks.

Dieses Wissen gab der 42-Jährige weiter. Am 9. Oktober drangen die Einbrecher neuerlich in die Wohnung ein, nachdem der Anwalt die 78-Jährige wie schon beim ersten Mal außer Haus gelockt hatte. Diesmal wurden sie fündig.

"Ich hab' mir alles ruiniert. Ich habe Schande über meinen ehemaligen Berufsstand gebracht. Meine Mutter leidet sehr darunter", gab sich der Ex-Anwalt vor Gericht zerknirscht.

Bei der Strafbemessung wurde der "Missbrauch des Vertrauensverhältnisses auf heimtückische Weise" besonders erschwerend gewertet, wie die vorsitzende Richterin Andrea Philipp-Stürzer sagte.

Trotz der bisherigen Unbescholtenheit des Juristen und seiner umfassend geständigen reumütigen Verantwortung kam für den Schöffensenat aus generalpräventiven Gründen eine teilbedingte Freiheitsstrafe nicht infrage. (APA, 3.10.2018)