Ob sich IV-Präsident Georg Kapsch künftig daran halten wird, dass ihn die Amtsführung des Innenministers "einen Schmarren angeht", wie ihm von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker beschieden wurde, ist noch offen. Fest steht, dass der Rest der Welt diese Anweisung ignoriert. Herbert Kickls Aufbegehren gegen die Pressefreiheit sorgt international für Aufsehen.

Und schön langsam wird weltweites Medienecho für unser Innenministerium zur Routine. Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, laut denen der Fluchtgrund Homosexualität nur bei entsprechender Bekleidung oder durch das Herunterladen von Pornos am Handy glaubhaft ist, wurden global von "New York Times" bis "Bild"-Zeitung gewürdigt, wobei Letztere den Superlativ "Europas irrste Abschiebe-Begründung" vergab.

Fragwürdige Bescheide

Über diese Einschätzung kann man diskutieren, gibt es doch noch zahlreiche andere Bescheide dieser Behörde von ähnlicher Qualität. Zum Beispiel diesen: "Als Ihnen seitens der Behörde vorgehalten wurde, dass Sie mit diesem Vorbringen nicht der erste Fall sind, haben Sie keine plausible Antwort gegeben, sondern versuchten sich Zeit zu verschaffen, indem Sie sich den Vorhalt nochmals anhören ließen, und brachten aber selbst danach keine Entkräftung dieses Vorhalts vor, was die Behörde zu der Erkenntnis kommen lässt, nicht so falsch mit dieser Beurteilung zu liegen, da eine Person, welche diesen Fluchtgrund tatsächlich hat, vielmehr dem Vorhalt widersprechen würde." Durchaus möglich, dass es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, jetzt ähnlich geht wie dem Asylwerber und Sie versuchen, sich Zeit zu verschaffen, um den Vorhalt nochmals zu lesen. Er besteht darin, dass der Mann mit seinem Fluchtgrund (gemeinsame Flucht mit seiner jetzigen Frau vor deren damals bevorstehender, mit Morddrohungen verknüpfter Zwangsverheiratung mit dem Sohn eines Mullahs) "nicht der Erste" sei. Nach dieser Logik dürften also keine zwei Flüchtlinge den gleichen Fluchtgrund angeben, um glaubwürdig zu bleiben. Darauf eine andere Antwort als "Wie bitte?" oder "Meinen Sie das ernst?" zu finden ist ebenso schwierig, wie diesen "Vorhalt" zu "entkräften".

Harte Zeiten

Sollte sich das Argument "Sie sind nicht der Erste, der das vorbringt" aufseiten heimischer Amtsträger durchsetzen, brechen für Antragsteller harte Zeiten an. Da ist Kreativität gefragt.

Kreativ könnte man dieses Argument aber gleich in einem anderen Bereich verwenden. Nämlich beim Problem: Wie sagen wir es Kickl? Mittlerweile beginnt sich auch innerhalb der Regierungskoalition die Erkenntnis durchzusetzen, dass die Idee, ausgerechnet Kickl zum Innenminister zu machen, ähnlich brillant ist wie eine Ernennung des Dirigenten Gustav Kuhn zum Frauenminister. Nun ließe sich eine Absetzung Kickls damit begründen, er sei "nicht der Erste, der solche Politik macht", denn die Mischung aus Rechtsstaatsverachtung, Pressefeindlichkeit, Unehrlichkeit, Verlust der Selbstbeherrschung und Verantwortungsfeigheit zulasten Untergebener wird bereits vom amerikanischen Präsidenten praktiziert, neben dem unser Noch-Innenminister bloß die Polly-Pocket-Version eines Trumpelstilzchens ist. (Florian Scheuba, 3.10.2018)