Viele Republikaner sind mittlerweile alles andere als glücklich mit der Art und Weise, wie Donald Trump sein Präsidentenamt ausübt.

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Wenn es eng wird für Donald Trump, dann kennt er im Prinzip nur eines: Er verlässt den Pfad des Eigenlobes und tritt die Flucht nach vorne an. Attacke statt Gegenwehr, Demagogie statt Rechtfertigung. Das tat er schon als Unternehmer, als er noch im "goldenen Turm" (© George Clooney) in New York residierte – und so tut er es auch seit seinem Einzug ins Weiße Haus in Washington im Jänner 2017.

Respekt, Bedachtsamkeit, Mäßigung kennt der 45. Präsident der USA nicht: Wenn es nicht zu seinen Gunsten läuft, dann öffnet er oft und gern die unterste Schublade der Demagogie und Häme; da werden Wahrheiten verdreht oder gleich im Sinne "alternativer Fakten" gebastelt. In diesen Duktus passen auch Trumps zehntausende Twitter-Meldungen, die stets zwischen grenzenloser Verherrlichung seiner selbst und tiefster Verachtung seiner Gegner oszillieren.

Oh, doch, ein weiteres Trump'sches Muster gibt es noch: das Ablenkungsmanöver. Zu diesem greift der US-Präsident besonders gern, wann immer es unangenehme Neuigkeiten in den Ermittlungen zur "Russland-Causa" um mögliche Einflussnahme Moskaus auf die US-Wahl 2016 geht. Da wird zum Beispiel der jahrzehntelang mit besonnener Diplomatie in Grenzen gehaltene Konflikt mit Nordkorea plötzlich hochgepusht – bloß um ihn nach kurzer Zeit zu "lösen". Natürlich nur dank persönlicher Intervention des Präsidenten, des Machers aller Macher. Wie denn sonst.

Auch im Zusammenhang mit Berichten zu Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stephanie Clifford alias Stormy Daniels und an das "Playboy"-Model Karen McDougal zur Vertuschung von Sexaffären schlägt Trump lieber verbal um sich, statt sich von seinen Anwälten beraten zu lassen.

Täter als Opfer

Im Streit um die Nominierung des umstrittenen konservativen Richters Brett Kavanaugh für das US-Höchstgericht schlägt sich der Präsident auf die Seite des mutmaßlichen Täters und macht diesen zum Opfer. Ziel seines beißenden Spottes: das tatsächliche Opfer, die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford, die Kavanaugh einen Vergewaltigungsversuch auf einer Party 1982 vorwirft.

Auch die jüngsten Enthüllungen der "New York Times" in Bezug auf möglichen millionenschweren Steuerbetrug durch den Trump-Clan sind Stoff für präsidiale Wutäußerungen.

Viele Republikaner sind mittlerweile alles andere als glücklich mit der Art und Weise, wie Trump sein Präsidentenamt ausübt. Immer mehr Parteifreunde gehen – teils sehr öffentlich – auf Distanz zu ihm. Die Genugtuung, nach acht Jahren demokratischer Herrschaft unter Barack Obama dessen fast logische Nachfolgerin Hillary Clinton ausgerechnet durch Trump gedemütigt und demontiert zu haben, ist vielerorts der Sorge gewichen, bei den Zwischenwahlen zum US-Kongress ("Midterms") Anfang November eine schmerzhafte Niederlage einzufahren, die das Regieren in der zweiten Halbzeit der Trump-Präsidentschaft ungleich schwieriger machen würde.

Doch den Präsidenten scheint das wenig zu kümmern. Oder merkt er gar nicht, was rund um ihn tatsächlich geschieht? Wie sonst könnte er behaupten, die Staats- und Regierungschefs hätten ihn bei der UN-Generalversammlung vor wenigen Tagen nicht ausgelacht, sondern mit ihm gelacht, als er erklärte, dass seine die wohl beste und erfolgreichste Regierung in der Geschichte der USA sei? (Gianluca Wallisch, 3.10.2018)