Beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) hält man sich harter Kritik gegenüber bedeckt – und geht gegen die Kritiker vor.

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Wie weit darf öffentliche Kritik an einer Behörde gehen? Ab wann macht sich ein Kritiker strafbar? Und: Liegt hier die Latte jetzt niedriger? So lauten die Fragen, die der Konflikt zwischen dem Rechtsexperten der Diakonie, Christoph Riedl, und dem Chef des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA), Wolfgang Taucher, aufwirft.

Im April hatte der Kurier Riedl mit harscher Kritik an den Entscheidungen des BFA zu afghanischen Asylwerbern zitiert. Die hohe Quote negativer Bescheide sei "falsch und politisch motiviert", ihre Qualität lasse zu wünschen übrig: "Wenn man würfeln würde, wären die Entscheidungen richtiger."

"Beleidigte Behörde"

BFA-Chef Taucher reagierte mit einer Anzeige laut den Paragrafen 116 und 117 StGB. Diese ermächtigen einen "beleidigten Vertretungskörper" oder eine "beleidigte Behörde", die Verfolgung des Beleidigers zu veranlassen. Im Sommer wurde der Diakoniemitarbeiter um eine schriftliche Stellungnahme im Verfahren ersucht.

Doch der Staatsanwaltschaft Wien war die Suppe zu dünn: Vor wenigen Tagen stellte sie den Fall ein.

"Grenze überschritten"

Das rief Taucher erneut auf den Plan. Riedl habe mit seiner Kritik "eine Grenze überschritten", sagte er dem Kurier: "Es geht hier nicht um normale sachliche Kritik. Es geht um den Vorwurf des Amtsmissbrauches."

Das nun will Riedls Anwalt Michael Pilz nicht auf seinem Mandanten sitzen lassen. Er überlege, Taucher auf Unterlassung zu klagen, auf dass er Riedl nicht mehr des Amtsmissbrauchs – "einer strafbaren Handlung" – bezichtige, sagte er zum STANDARD.

Auch Verfassungsjurist Funk betroffen

Dass eine einfache Behörde gegen Kritik mittels Anzeige des Kritikers vorgehe, sei neu, sagt Anwalt Pilz. Der Verfassungsrechtsexperte Bernd-Christian Funk relativiert das. Schon bisher sei es "zur Androhung von derlei Anzeigen" gekommen, im heurigen Sommer auch ihm selbst: "Ich hatte in einem Interview die Arbeit einer Landespolizeidirektion kritisiert. Daraufhin teilte man mir dort mit, man habe eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft geschickt." (Irene Brickner, 4.10.2018)